Mehr als eine Geschichtsstunde
Schwester Simones Kathedralführungen sind auf Kinder zugeschnitten
Dresden - Das Interesse von Schülern an Führungen mit Missions-Benediktinerinnen- Schwester Simone Berger in der Dresdner Kathedrale wächst.
Freitagvormittag in der Hofkirche. Schwester Simone steht in ihrer grau-weißen Tracht vor einer Skulptur aus weißem Marmor und fragt die Kinder um sie herum: "Wie heißt dieser Mann, der Jesus getauft hat?" Vier Finger strecken sich empor. "Petrus", antwortet ein Junge etwas unsicher. "Nein, Johannes war das", korrigiert sie ihn mit einem freundlichen Lächeln. Dann fragt sie weiter: "Was gehört zu einer Taufe?" Öl, Taufbuch, Wasser, zählen die Kinder auf. Schwester Simone deutet ganz nach oben, dort ist eine Taube dargestellt. "Der Heilige Geist", sagt sie, "gehört auch dazu."
Immerhin, bei dieser Kirchenführung kann sie auf eine Menge Vorwissen bauen. Die 20 Schüler aus den Klassen eins bis vier der Grundschule in Bannewitz bei Dresden, die mit ihrer Lehrerin Christine Wagner gekommen sind, besuchen den katholischen Religionsunterricht. Das ist die Ausnahme. Die meisten Kinder kommen zu Projekttagen hierher, etwa zum Geschichtsunterricht. "Da sind dann vielleicht ein oder zwei katholisch, einige wenige evangelisch, die meisten aber keine Christen", erzählt Schwester Simone Berger.
Meist steht die Geschichte der Wettiner im Vordergrund, die hier in der Gruft bestattet sind. "Meine Kirchenführung ist aber nicht nur eine bloße Geschichtsstunde." Schwester Simone will mehr vermitteln als Fakten zu Baustil und Historie. "Ich stelle die Kirche als Raum vor, in dem sich die Gemeinde versammelt, in den Menschen mit einem bestimmten Anliegen kommen, eine Kerze anzünden, beten, Ruhe suchen." 159 Mal hat sie vergangenes Jahr Gruppen durch die Kathedrale geführt. Etwa ein Drittel davon aus Kindergärten oder Schulen. "Das sind deutlich mehr als am Anfang." Im Jahr 2000 hat sie mit den Führungen begonnen.
Die 47-Jährige mit dem bayerischen Akzent gehört seit nunmehr 25 Jahren den Missions-Benediktinerinnen von Tutzing an. 1992 ist sie nach Dresden gegangen, wo sich die Emmaus-Gemeinschaft der Schwestern gründete. Seit 1999 berät sie Menschen in der Kontaktstelle "Offene Tür in der City". Bei ihren Führungen spult Schwester Simone keinen vorbereiteten Text ab, sondern führt einen Dialog, stellt häufig Fragen. "So spüre ich am besten, ob sie mitgehen, ob sie sich alles vorstellen können." Bei Kindern oder jungen Leuten, die zum ersten Mal in einer Kirche sind, fragt sie erst einmal, wie dieser Raum auf sie wirkt. Und sie bedient sich einer einfachen, anschaulichen Sprache, die an die Erfahrungen der Besucher anknüpft. Theologische Begriffe erklärt sie, indem sie sie umschreibt. Jüngere, so ihre Erfahrung, sind gesprächiger, Jugendliche dagegen geben sich eher zurückhaltend. Am Ende der Führung fragt Religionslehrerin Christine Wagner in die Runde, wer zum ersten Mal in dieser Kirche war. Neun Hände gehen hoch. "Und hat es euch gefallen?" Aus 20 Mündern tönt ein langgezogenes "Ja!"
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 09.06.2005