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Bistum Erfurt

Warnung vor falschen Menschenbildern

Der lange Weg vom kommunalen „Tollhaus“ hin zur Werkstatt für Menschen mit Behinderungen

Heiligenstadt - Bereits in 60 Städten war sie zu sehen, die Ausstellung "Bildstörung!", die sich mit der Geschichte des Umgangs mit behinderten Menschen auseinandersetzt. Jetzt ist sie in Heiligenstadt.

Endlich hat es geklappt! Mehrere Jahre lang hatte sich Erhard Monecke, Geschäftsführer der Raphaelsheim gGmbH, darum bemüht, eine bemerkenswerte Exposition nach Heiligenstadt zu holen. Unter dem Titel "Bildstörung! Der lange Weg vom Tollhaus zur Werkstatt für Behinderte - eine Ausstellung über die Geschichte des Umgangs mit behinderten Menschen" hatte die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V. Frankfurt/Main die Schautafeln erarbeitet und 1997 in der Mainmetropole erstmals gezeigt. Seitdem war die Ausstellung in nahezu sechzig großen Städten der BRD unterwegs, wurden von über 150 000 Besucher gesehen. In Heiligenstadt hat sie ihren vorübergehenden Platz im neuen Haus "Vitalis" auf dem Gelände des Raphaelsheimes, einer Heimstatt für behinderte Erwachsene, in unmittelbarer Nachbarschaft der Eichsfelder Werkstätten, gefunden.

Über Jahrhunderte hinweg galten Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie mit psychischen Erkrankungen als gemeinschaftsunfähig, als von Dämonen und Geistern befallene Irre und Idioten, die es auszumerzen oder wenigsten in "kommunalen Tollhäusern" zu verwahren und von der Gesellschaft fernzuhalten galt. Eindringliche Bild- und Textdokumente lassen die Betrachter verfolgen, auf welch erschütternde Weise mit Männern, Frauen und Kindern verfahren wurde, die von einer gesellschaftlichen Norm abwichen. Leider kennt die Geschichte nur wenige Beispiele dafür, dass behinderte Mitmenschen nicht nur als "unnütze Esser" geduldet wurden. Zur Ausstellungseröffnung am 17. Juni hatte Burghard Roepke, Pressereferent der Bundesarbeitsgemeinschaft, für ein zahlreiches und sehr interessiertes Publikum die Führung übernommen, um die einzelnen Stationen noch näher zu erläutern und zu kommentieren.

Große Beachtung fand die Eröffnungsrede Ludwig Burghards, Vorsitzender des Werkstattrates der Eichsfelder Werkstätten. "Es ist sehr wichtig, unter Menschen zu sein und ein anerkanntes Leben zu führen. Ich selbst habe erfahren, wie es ist, wenn man auf Grund einer nervlichen Erkrankung so gut wie keinen Kontakt zu anderen Menschen hat. Gäbe es heute diese Einrichtungen nicht, würde ich vielleicht öfters und länger stationär in der Psychiatrie behandelt werden müssen. Und so ist es gut, dass es einen Ort gibt, der uns behinderten und psychisch kranken Menschen ein normales Leben ermöglicht. Die Ausstellung warnt vor falschen Menschenbildern."



Informationen

Die Ausstellung kann nach Absprache per Telefon [(03606) - 59 060] leider nur noch bis zum 29. Juni besichtigt werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 25 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.06.2005

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