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Ein böses Geheimnis - sexueller Missbrauch in Familien

Jahreskonferenz der Ehe-, Familien- und Lebensberater des Bistums Dresden-Meißen

Schmochtitz (tdh) - "Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der Familie" -mit diesem Thema haben sich Ehe-, Familien- und Lebensberater aus dem Bistum Dresden-Meißen während ihrer Jahreskonferenz beschäftigt. Den Kurs, der im Juni im Bischof-Benno-Haus in Schmochtitz stattfand und an dem 18 Beraterinnern und Berater teilnahmen, leitete Renate Pies aus Berlin.

Sexueller Missbrauch in der Familie sei ein in der Gesellschaft noch weithin tabuisiertes und verleugnetes Thema. Es stelle für alle Beteiligten jedoch eine schwere Belastung dar, und wer damit konfrontiert werde, erlebe Hilfslosigkeit. Diese Ausgangssituation aufzubrechen und Hilfen für die Arbeit der Berater zu geben, war Anliegen der Referentin. "Wie begegne ich dem missbrauchten Kind?" war eine erste Frage. Berater müssen ihm zunächst zeigen, dass sie ihm glauben, heißt eine Voraussetzung. Das Kind müsse erfahren, dass es nicht selbst, sondern nur der Missbraucher die Verantwortung für das Geschehen trage. Dem Kind müsse Begleitung zugesagt werden. Gemeinsam sollten Möglichkeiten überlegt werden, wie das Kind geschützt werden und wie es sich selbst wehren kann.

Einen Missbrauch zu erkennen sei schwierig, weil das äußerer Erscheinungsbild einer betroffenen Familie eher durchschnittlich als auffallend sei, sagte Frau Pies. Anzeichen für einen Missbrauch könnten plötzlich auftretende Symptome und Verhaltensauffälligkeiten sein. Das stelle allerdings noch keinen Beweis dar, weil es auch andere Ursachen geben könne.

Zu den Missbrauchsopfern gehörten Jungen und Mädchen aller Altersstufen. Auch unter den Tätern finden sich Männer und Frauen in gleicher Weise. Weil von ihnen kaum jemand selbst den Weg in eine Beratungsstelle finde, sondern in der Regel durch einen entsprechenden Gerichtsbeschluss gezwungen und damit demotiviert werde, sei die therapeutische Arbeit mit ihnen erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Außerdem zeigten die meisten Täter weder Schuldgefühl noch Schuldbewusstsein. Häufig erscheine der Täter als "so ein netter Mensch". So wie er sein Opfer manipuliere, versuche er es auch mit dem Therapeuten. Die meisten Täter seien außerdem als Kinder oder Jugendliche selbst Opfer von sexuellem Missbrauch gewesen.

Wie können Kinder in der Familie vor Missbrauch geschützt werden? Hier müsse in vielen Familien ein Umdenkprozess einsetzen, sagte die Referentin: Das Kind müsse das Recht haben zu entscheiden, wer welchen körperlichen Kontakt zu ihm haben darf. Deshalb dürfe das Kind in bestimmten Situationen nein sagen und sich wehren. Außerdem müssten Kinder lernen, zwischen "guten und bösen Geheimnissen" zu unterscheiden. Für Erwachsene, denen sich ein missbrauchtes Kind anvertraue, gelte: "Hören Sie dem Kind zu! Glauben Sie ihm! Loben Sie es dafür, dass es gekommen ist! Machen Sie ihm Mut! Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können! Begleiten und schützen Sie das Kind!"

Ob der sexuelle Missbrauch angezeigt werden solle, sei eine schwierige Frage. Das Problem werde durch eine Anzeige nicht immer gelöst. Es könnten neue Probleme hinzukommen. Diese Frage müsse deshalb mit dem Berater ernsthaft geprüft und überlegt werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 29 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 19.07.2001

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