Die Kinder im Blick
Wie geht es weiter mit dem Kindertagesstätten?
Magdeburg - Kindertagesstätten sollen stärker zu Orten der Bildung und der Familien werden. Christliche Kitas sollen zudem Orte des Glaubens sein. Um dafür zu werben und entsprechende Fragen zu diskutieren, fand in Magdeburg eine Tagung für die verantwortlichen Berufsgruppen statt.
"Mädchen und Jungen verblüffen durch ihre Neugier, ihren Drang, alles Mögliche wissen zu wollen, ihre Experimentierfreude, ihre Lust am Lernen. Dieses Lernen beginnt mit der Geburt und nicht erst mit dem Eintritt in die Schule", sagt Professorin Marion Musiol von der Hochschule Neubrandenburg. Doch gerade bei den Vorschulkindern gebe es in Deutschland erhebliche Bildungsdefizite. Das sei durch die Pisa- und weitere Studien deutlich geworden. Inzwischen hätten zwar fast alle Bundesländer Bildungsprogramme entwickelt. Diese gelte es aber kreativ mit Leben zu erfüllen und dabei großes Augenmerk auf die elementare Bildung zu legen. "Die eigene Arbeit ständig zu reflektieren, sich selbst Fragen zu stellen – etwa danach, was sich ein Kind bei einem bestimmten Tun denkt, was es lernen will – sind grundlegende Aspekte ihres beruflichen Selbstverständnisses", rief Frau Musiol den versammelten Erzieherinnen zu.
"Kindertageseinrichtungen – Bildungsort und Familienzentrum" lautete das Thema der Tagung am 28. Juni im Roncalli- Haus, zu der Familienbund, Caritas und Bistum Erzieherinnen und andere Verantwortliche eingeladen hatten. Mehr als 100 Teilnehmer kamen.
Für Ralf Haderlein vom Bundesverband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK), Freiburg, gehört zur umfassenden Bildung auch, dass Kitas ihrem trägerspezifischen Anliegen gerecht werden. Haderlein ist Leiter des von der Deutschen Bischofskonferenz initiierten Modell- Projekts "Vertrauen in das Leben stärken. Das Profil katholischer Kindertagesstätten" (2003 bis 2005). Kitas katholischer Träger sollen "Orte der Glaubensgemeinschaft" sein, so Haderlein. Das bedeute, dass im Kindergarten der Glaube gelebt, gefeiert, bezeugt und die Gemeinschaft im Glauben gepflegt wird. "Aufgabe katholischer Kitas ist es, den Kindern und Familien im alltäglichen Leben christliche Lebens- und Seinsdeutung zu eröffnen".
"Ganz wichtig dabei sind gute pädagogische Beziehungen" und zwar zur ganzen Familie der Kinder, zeigte sich Haderlein überzeugt. In diesem Sinne sei es Ziel des Projekts, die katholischen Kitas "als Orte der Glaubensvermittlung und als Bildungsinstitution zu profilieren und familienbereichernde Angebote zu entwickeln". Voraussetzung dafür sei eine gute Kooperation mit der Pfarrgemeinde sowie Verbänden und Organisationen. Kitas sind für Haderlein "das niederschwellige Angebot für Familien" schlechthin. "Die junge Mutter, die Eheprobleme hat, geht nicht zuerst in die Beratungsstelle, sondern sie steht vielleicht weinend am nächsten Morgen mit ihrem Kind in der Kita."
Möglichkeiten, eine Kita zum Bildungs- und Familienzentrum zu machen, stellte Brigitte Gerhold vom Modellprojekt "Kinderund Familienzentrum Schillerstraße" in Berlin-Charlottenburg vor. Orientiert am Vorbild der britischen Early Excellence Centres wurde die Arbeit der Kita seit 2000 verändert.
Leitidee ist es, Erziehung, Bildung, Betreuung, gesundheitsund sogar arbeitsmarktbezogene Angebote zu vereinen. Jedes Kind wird durch intensive Beobachtung gefördert, in dem entsprechend seiner Lernmuster passende Angebote entwickelt werden. Die individuellen Bildungsprozesse werden dokumentiert. In regelmäßigen Gesprächen werden die Eltern über die Entwicklung ihrer Kinder informiert. Das soziale Lernen wird im altersgemischten Zusammenleben gefördert. "Wir wollen es Eltern möglichst leicht machen, ihren Verpflichtungen als Mutter und Vater nachzukommen", so Frau Gerhold.
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Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 08.07.2005