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Auf zwei Minuten

Mut zum Probieren

Ein Beitrag von Pater Damian Meyer

Pater Damian

"So haben wir das früher doch nicht gemacht ... Haben wir schon alles versucht ... Alles graue Theorie ... Da wäre doch schon früher jemand draufgekommen, wenn sich damit etwas anfangen ließe ... Was für ein Fantast ist denn darauf gekommen ... Man weiß doch, das lässt sich einfach nicht machen ... Klingt ja ganz gut, aber ich glaube nicht, dass das geht ... Das wächst uns noch über den Kopf ... Das ist doch gegen die Vorschriften ..."

Solche und ähnliche "Killer-Phrasen" und "Ideenbremser" haben wir wohl alle bei verschiedenen Versammlungen und Sitzungen schon gehört oder auch selbst ausgesprochen. Solche Äußerungen zeigen, es geht oft nicht um sachliche Lösungen, sondern um die Durchsetzung von Einzelinteressen, um Profiliersucht und Rivalität. Aber auch wenn eine Gruppe um sachliche Lösungen bemüht ist, stehen hier schlechte Erfahrungen und Misserfolge im Wege, die lähmend sein können und den Mut zum Anfangen nehmen.

Die Redensart "Probieren geht über Studieren" ist sicher nicht die ganze Wahrheit. Eher zutreffend scheint mir zu sein: "Studieren und Probieren". Vielleicht käme vieles in der Kirche und in den Gemeinden in Bewegung, wenn wir uns an diesen Grundsatz hielten.

Manchmal verhindern auch autoritäre Thesen von so genannten Experten die Planung eines Projektes. Dazu eine alte Geschichte: Ein König stellte für einen wichtigen Posten den Hofstaat auf die Probe. Kräftige und weise Männer umstanden ihn in großer Menge. "Ihr weisen Männer", sprach der König, "ich habe ein Problem, und ich möchte sehen, wer von euch in der Lage ist, dieses Problem zu lösen." Er führte die Anwesenden zu einem riesengroßen Türschloss, so groß, wie es keiner je gesehen hatte. "Wer von euch ist in der Lage, das Schloss zu öffnen?" Ein Teil der Höflinge schüttelte nur verneinend den Kopf. Einige, die zu den Weisen zählten, schauten sich das Schloss näher an, gaben aber zu, sie könnten es nicht schaffen. Als die Weisen dies gesagt hatten, war sich auch der Rest des Hofstaates einig, dieses Problem sei zu schwer, als dass sie es lösen könnten. Nur ein Wesir ging an das Schloss heran. Er untersuchte es mit Blicken und Fingern, versuchte, es auf die verschiedensten Weisen zu bewegen und zog schließlich mit einem Ruck daran. Und siehe, das Schloss öffnete sich. Die Tür war nur angelehnt gewesen, nicht ganz zugeschnappt, und es bedurfte nichts weiter als des Mutes und der Bereitschaft, dies zu begreifen und beherzt zu handeln. Der König sprach: "Du wirst die Stelle am Hof erhalten, denn du verlässt dich nicht nur auf das, was du siehst oder was du hörst, sondern setzt selber deine eignen Kräfte ein und wagst eine Probe."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 29 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 23.07.2005

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