Die Religionen und die Fragen des Menschen
von Pater Damian
In unserer Informationsgesellschaft können wir das Wissen unserer Zeit leicht abrufen mit Hilfe von Büchern und elektronischen Hilfsmitteln. Wir können auch gezielte Fragen an die Redaktionen von Zeitungen und Fachzeitschriften richten. Allgemein kann man sagen: Je sachbezogener oder technischer unser Problem ist, desto klarer die Antwort. Schwieriger wird es, wenn es um philosophische und weltanschauliche Fragen geht. Da werden die Auskünfte recht verschieden sein! Und es gibt wichtige Fragen des Menschen, die die Natur- und Geisteswissenschaften nicht oder nur vage beantworten können. Hier kommt die Religion ins Spiel. Es gibt Fragen, die alle Religionen beantworten, und Fragen, die nur manche Religionen beantworten.
"Wie buchstabiert man Gott? Die großen Fragen und die Antwort der Religionen" heißt der Titel eines Buches von Rabbi Marc Gellmann und des katholischen Priesters Thomas Hartmann. Die beiden Autoren nennen vier große Fragen, die alle Religionen der Welt zu beantworten suchen. Erstens: Was ist unser Platz in der Welt?, zweitens: Wie leben wir richtig?, drittens: Wie sollen wir beten? und viertens: Was passiert nach dem Tod mit uns?
In der Pastoralkonstitution "Die Kirche in der Welt von heute" des Zweiten Vatikanischen Konzils werden diese Fragen ähnlich formuliert: " ... angesichts der heutigen Weltentwicklung wächst die Zahl derer, die die Grundfragen stellen oder mit neuer Schärfe spüren: Was ist der Mensch? Was ist der Sinn des Schmerzes, des Bösen, des Todes ...? Wie kann der Mensch der Gesellschaft geben, was von ihr erwarten? Was kommt nach dem irdischen Leben?" (GS 10)
Als Christen sind wir davon überzeugt, dass uns Gott in Jesus Christus die Antwort seiner Liebe und Menschenfreundlichkeit auf diese großen Fragen gegeben hat. "Die Kirche glaubt: Christus, der für alle starb und auferstand, schenkt dem Menschen Licht und Kraft durch seinen Geist, damit er seiner höchsten Berufung nachkommen kann ... Sie glaubt ferner, dass im ihrem Herrn und Meister der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheit gegeben ist", heißt es in der Pastoralkonstitution weiter. Daraus kann man nicht folgern: Die anderen Religionen haben auf die wichtigen Fragen des Menschen keine guten Antworten. Auch sie sagen Wunderbares und Wahres und Gutes. Gerade als Christen können wir uns erlauben, großzügig und tolerant zu sein und überall das Wirken Gottes zu entdecken.
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 19.07.2001