Prüfstein Familienpolitik
Katholische Verbände im Bistum Magdeburg kritisieren Parteiprogramme
Magdeburg (tdh) - Familienbund, kfd und KAB hatten allen Bundestagskandidaten Sachsen-Anhalts familienpolitische Wahlprüfsteine zugeschickt. In Auswertung des Rücklaufs dieser Prüfsteine erläutert Reinhard Grütz vom Familienbund wichtige Positionen der katholischen Verbände.
"In den Partei-Programmen finden sich zwar verschiedene gute Ansätze, die Interessen von Familien zu berücksichtigen, den einen überzeugenden Wurf haben wir aber nicht entdecken können", resümiert der Geschäftsführer des Familienbundes in Sachsen- Anhalt, Reinhard Grütz, auch im Namen der Diözesanverbände der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB).
Für den Familienbund seien unter dem Leitgedanken der Wahlfreiheit vor allem zwei Forderungen Grundlage jeglicher Familienpolitik, so Grütz. "Eltern müssen ohne Benachteiligung entscheiden können, wie sie Erwerbsarbeit und Familienarbeit untereinander aufteilen. Und: Eltern müssen in ihrer Erziehungsverantwortung gestärkt werden." Um diese Ziele zu erreichen, hat der Familienbund konkrete Forderungen: "Wir wollen ein Kindergeld von monatlich 300 Euro, um das Armutsrisiko von Kindern zu beseitigen und auch kinderreiche Familien angemessen zu berücksichtigen. Wir verlangen eine Weiterentwicklung des Erziehungsgeldes hin zu einem stärkeren Leistungsausgleich für Erziehungsleistungen. Das Erziehungsgeld sollte einkommens und erwerbsarbeitszeitunabhängig bezogen werden können."
Kritik an beabsichtigtem Elterngeldes
SPD-Überlegungen, ein einkommensabhängiges Elterngeld einzuführen, steht der Familienbund "skeptisch" gegenüber. "Das Erziehungsgeld ist in seiner Konzeption nicht eine Sozialleistung. Es soll allen jungen Eltern unabhängig von ihrem Einkommen helfen. Mit der geplanten Ablösung des bisherigen Erziehungsgeldes durch ein gehaltsabhängiges Elterngeld fände ein Systemwechsel statt, der dem Prinzip einer bedarfsgerechten Förderung widerspricht", sagt Grütz. "Zugleich gibt die Zahlung eines gehaltsabhängigen Elterngeldes als Lohnersatzleistung das Prinzip auf, alle Kinder als gleichermaßen förderungswürdig anzusehen, weil die Anerkennung der Erziehungsleistung vom Einkommen der Eltern abhängig wird."
Auch im Blick auf die Sozialversicherung wird Grütz konkret: "Familiengerechtigkeit in den sozialen Sicherungssystemen heißt für uns am Beispiel der Gesundheitsversicherung, dass wir die von der CDU vorgeschlagene Gesundheitsprämie nicht für den richtigen Weg halten. Wir sehen in den Vorschlägen von Gesundheitsprämie und Bürgerversicherung (SPD / Bündnis 90/Grüne) keine wirklich weiterführenden Lösungen im Vergleich zur bestehenden Gesundheitsversicherung. Auf jeden Fall muss die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Ehegatten bleiben."
Mehrwertsteuererhöhung belastet Familien
Grütz weiter: "Der Familienbund lehnt die Erhöhung der Mehrwertsteuer ebenso ab wie die Einführung von Studiengebühren. Solche Maßnahmen würden Familien stärker als alle anderen Bevölkerungsgruppen treffen."
"Ausdrücklich kritisch beurteilt der Familienbund auch Forderungen nach einer Aufhebung des Ehegattensplittings. Der Familienbund sieht Ehe und Familie in engem Zusammenhang. Dies entspricht auch der Aussage des Artikels 6 Absatz 1 des Grundgesetzes, dass Ehe und Familie als gleichrangige Lebensformen unter dem besonderen Schutz des Staates stehen, der damit verpflichtet ist, alles ihm Mögliche für ihr Gelingen zu tun. Trotz aller Veränderungen im Zusammenleben der Geschlechter und Generationen sehen wir in der auf Dauer angelegten Ehe die beste Grundlage für ein gelingendes Familienleben. Das Ehegattensplitting ist zudem das zentrale Instrument zur Wahrung der Wahlfreiheit von Ehepaaren beziehungsweise verheirateten Eltern. Es spiegelt das Leitbild von Ehe und Familie wieder, das der Familienbund in seinem Grundlagenprogramm verankert hat: Eltern müssen ohne Benachteiligungen entscheiden können, ob und wie sie Erwerbstätigkeit untereinander aufteilen. Gegenwärtig entfallen in der Bundesrepublik 70 Prozent des Splittingvolumens auf Familien. Eine Veränderung würde bedeuten, dass bei ihnen abkassiert wird, um auf anderen Wegen Familien direkt oder indirekt wieder etwas zu geben", gibt Grütz zu bedenken.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 15.09.2005