Menschen rücken näher
Quilombo in Dresden war einer der ersten Eine-Welt-Läden in Ostdeutschland
Dresden - Eine Verkäuferin, die offen zugibt, dass ihr der Umsatz gar nicht so wichtig ist und die den Kunden rät, sie sollten den Honig besser beim ortsansässigen Imker als im eigenen Laden kaufen, wäre in anderen Geschäften längst hinausgeflogen.
Im Eine-Welt-Laden Quilombo entspricht Carola Hänel mit solchen Methoden der Kundenbetreuung jedoch exakt der "Geschäftsphilosophie". Dem Verein, der hinter dem Laden im Dresdner Stadtteil Löbtau steht, geht es in erster Linie darum, ungerechte Handelsstrukturen ins Bewusstsein zu rufen. "Sie können bei jedem Einkauf entscheiden, ob Ihr Geld bei den Ärmeren oder bei den Reicheren dieser Welt landen soll", sagt sie den Kunden und den Gruppen, die zu Informationsveranstaltungen in das kleine Geschäft kommen.
Carola Hänel ist von Beruf nicht Verkäuferin, sondern Lehrerin. Mehrmals in der Woche begrüßt sie in den schlichten Ladenräumen an der Pennricher Straße vormittags Kindergartenkinder, Schüler- oder Erwachsenengruppen und bringt ihnen anschaulich und altersgerecht unterschiedlichste Aspekte des Welthandels näher. "Ohne diese Informationen wäre unser Laden nicht glaubwürdig", findet Carola Hänel. "Produkte über so weite Entfernungen herzutransportieren, kann ich nur rechtfertigen, wenn uns dabei auch die Menschen ein Stück näher kommen, die diese Waren hergestellt haben."
Als einer der ersten Eine-Welt- Läden in Ostdeutschland hat Quilombo am letzten Tag der DDR, am 2. Oktober 1990, eröffnet. Inge und Peter Hötzel, ein katholisches Ehepaar, mietete dazu das Erdgeschoss des sanierungsbedürftigen Altbaus an, in dem sie selbst mit ihren Kindern wohnten, trugen eigenständig die Schuttberge in der zuvor leer stehenden Wohnung ab und bauten die Räume zu einem Ladenlokal aus.
Von Anfang an arbeiteten im Eine-Welt-Verein nicht nur evangelische und katholische Christen zusammen, sondern auch zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiter, die keiner Kirche angehören, die sich aber gemeinsam mit den Christen für eine gerechtere Welt einsetzen wollen.
Nach 15 Jahren läuft nun der Mietvertrag für den Löbtauer Laden aus. An diesem Wochenende zieht Quilombo deshalb um in ein neues Domizil in der Schillingstraße 7, in Nachbarschaft der katholischen und der evangelischen Kirche. Bewusst will der Verein in Löbtau bleiben, auch wenn der Arbeiterstadtteil nicht gerade zu den Vierteln mit der größten Offenheit für andere Kulturen gehört.
Hintergrund: Quilombo Eine Welt-Laden
Das alte brasilianische Wort Quilombo bezeichnet unter anderem Dörfer, die von entlaufenen Sklaven aufgebaut wurden. Der Dresdner "Quilombo Eine Welt-Verein" will durch diesen Namen die Solidarität mit den Armen dieser Welt zum Ausdruck bringen. Neben dem Verkauf und den Informationsveranstaltungen im Löbtauer Geschäftsraum widmet sich der Verein weiteren Projekten.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 30.09.2005