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Bistum Görlitz

Freiheit ist ein hohes Gut

Firmlinge besuchen Justizvollzugsanstalt

Christus sprengt alle Fesseln: Das Bild hat ein Häftling gemalt, der im Gefängnis getauft wurde.

Görlitz - Etwas unheimlich war manch einem doch zumute, als die Gruppe das große vergitterte Gebäude am Görlitzer Postplatz betrat. Rund 40 Firmlinge aus den Gemeinden Reichenbach/Mengelsdorf und Jauernick besuchten das Gefängnis in Görlitz.

Schwer fällt die Tür ins Schloss. Die Handys müssen beim Beamten an der Pforte abgegeben werden. Hier scheint die Welt zu Ende zu sein. "Wir gehen jetzt in den Knast", haben einige vorher noch gewitzelt. Jetzt wird ihnen der Ernst der Lage bewusst. Ermöglicht hat diesen Besuch der rund 40 Jugendlichen aus Reichenbach, Mengelsdorf und Jauernick Dekan Krystian Burzcek, der Gefängnisseelsorger in der Görlitzer Justizvollzugsanstalt ist.

Die jungen Leute werden zunächst in einen Raum geführt, wo ihnen Abteilungsleiter Frank Haecker etwas über die Geschichte der Anstalt erzählt. Früher sei es üblich gewesen, das Gefängnis direkt an das Amtsgericht zu bauen, meint Haecker mit einem Schmunzeln, "um Wege zu sparen und den Kriminellen so wenig Fluchtmöglichkeiten wie möglich zu bieten." Dann werden zwei Gefängnisinsassen hereingeführt: Der eine im lockeren Freizeitanzug, der andere könnte glatt als Börsianer durchgehen.

Und das war Thomas Baumgart (Namen geändert) auch. "Ich war mehrfacher Millionär, habe in Genua und Luxemburg gelebt", erzählt er aus seinem Leben. Bis ihm "die Dummheit" passiert ist, von der die Firmlinge allerdings nichts Genaueres erfahren. Jetzt muss er vier Jahre hinter Gittern verbringen. "Die Freiheit hängt an einem seidenen Faden", versucht er den Jugendlichen zu erklären.

Aber die Zeit im "Knast" sei für ihn heilsam. "Ich habe sehr viel Zeit nachzudenken, über meine Fehler, mein Leben insgesamt. Was ist schief gelaufen, was muss ich besser machen?" Baumgart ist im Gefängnis zum Glauben gekommen, hat das Beten gelernt. Der Glaube helfe ihm, die Trennung von der Familie zu überwinden. "Ohne Gott wäre ich verrückt geworden."

Matthias Schulz hat sich im Gefängnis taufen lassen und gehört nun zur evangelischen Kirche, weil er erfahren hat, dass Gott verzeiht und dass "Christus alle Fesseln sprengt". Das hat er in einem großen Bild ausgedrückt, das im Flur des Gefängnisses hängt, denn Schulz hat erst hier "seine künstlerische Ader" entdeckt. "Niemand wird als Gefangener geboren, der Mensch ist zu beiden fähig, zum Guten wie Bösen."

Manche Jugendliche wie Susanne Thomas aus Jauernick oder Jeremias Novanhana aus Reichenbach finden, dass es den Gefangenen in Deutschland eigentlich ganz gut geht: Regelmäßig zu essen, Möglichkeiten der Beschäftigung, Fernsehen in der Zelle. Es ist aber der "Freiheitsentzug", der für die meisten wirklich hart ist, betont Dekan Burzcek. Dass die Freiheit ein hohes Gut ist, sollen die Gefangenen lernen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 49 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 08.12.2005

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