Mit Musik Brücken schlagen
Weihnachtssingewoche in Annaberg-Buchholz
Annaberg-Buchholz - Bereits zum neunten Mal trafen sich Jugendliche des Bistums Dresden- Meißen zwischen Weihnachten und Neujahr zu einer Weihnachtssingewoche. Schon zur Tradition ist dabei die Teilnahme einiger Letten und Litauer an den gemeinsamen Tagen geworden.
Gemäß einem bekannten Weihnachtslied singt und klingt es während der weihnachtlichen Tage mit Schalle aus dem geräumigen Pfarrhaus der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Annaberg-Buchholz. Nach sieben Jahren in Stollberg befindet sich die Weihnachtssingewoche des Bistums Dresden–Meißen auf einer "Rundreise" und hat nach einer Station in Borna nun in der Erzgebirgsstadt Annaberg- Buchholz Quartier bezogen. Die 30 Sänger, die sich in diesem Jahr auf Konzerte zum Jahresabschluss vorbereiten, verbindet die Freude am Gesang und Musizieren.
Sabine Blei, Gemeindereferentin in Wechselburg und Initiatorin der Weihnachtssingewoche, meint rückblickend: "Wir haben unsere Ansprüche an die Ausgereiftheit des musikalischen Programms ein wenig zurückgeschraubt." Während einst Profimusiker oder Kantoren mit den Jugendlichen die Lieder einstudierten, steht sie jetzt selbst vor den Sangesfreudigen und versucht innerhalb von drei Tagen die unterschiedlichen Stimmen zum Wohlklang zu bringen. So biete die Weihnachtssingewoche den Jugendlichen mehr Freiraum zu Improvisation und Kreativität bei eigenen Arrangements.
"Wir haben keine Kapellknaben dabei, aber wir erreichen nach den täglich bis zu sechs Stunden Gesangsprobe annähernd deren Qualität," sagt Lutz Kinmayer, Jugendreferent im Bistum Dresden–Meißen und Organisator der Woche. "Wir haben ein straffes Programm." Am Jahresende sollen in zwei einstündigen Konzerten 17 Lieder in vier Sprachen zur Aufführung kommen. Das Repertoire haben die Jugendlichen selbst zusammengestellt. Traditionelle Weihnachtslieder, neue geistliche Songs und Gospelgesang ergeben ein abwechslungsreiches Programm.
Zur Vielfalt der Tage trägt auch die Zusammensetzung der Gruppe von 14- bis 26-Jährigen bei. Denn unter den Teilnehmern aus Sachsen und Ostthüringen befinden sich auch vier Letten und fünf Litauer. Die Verständigung über die jeweilige Heimatsprache gestaltet sich schwierig. Viel eher lassen sich Brücken über die Musik bauen, meint die Gruppenleiterin der litauischen Delegation. Deshalb steuerten auch die Osteuropäer dem Programm einige Lieder bei und sind zufrieden mit der Interpretation der Deutschen.
Das Herantasten an die Aussprache des Litauischen ist für Ludwig Krebs reizvoll. Der 22-jährige Erfurter findet Gefallen an dem Liedgut der osteuropäischen Gäste. "Es bringt aufgrund einer anderen Rhythmik und Melodik einen anderen Geist in die Weihnachtssingewoche." Seit sechs Jahren spielt Ludwig Gitarre, doch vom Letten Janis Vaivod, der ihm gegenüber sitzt, könne er noch eine Menge lernen. Schon greift er wieder in die Saiten um die Melodie, die Janis seiner Gitarre entlockt, zu begleiten. Rhythmisch wiegt sich der Fuß im Takt. Einer Meinung singen sie euphorisch: "My father is here".
So beleben die Jugendlichen auf ihre Art die Intention interkultureller Begegnung. Lutz Kinmayer ist noch von der letzten Nacht begeistert, als sie sich stundenlang über ihre Wünsche und Probleme ausgetauscht haben. "Die ausländischen Gäste verhelfen uns zu neuen Sichtweisen, indem sie uns über ihre Erfahrungen mit Armut und Reichtum, sowie den Schwierigkeiten beim Aufbau ihres Landes berichten oder davon erzählen, wie sie nach Jahren der Unterdrückung die Freiheit kennen lernen."
Einige Kulturtage im Anschluss an die Weihnachtssingewoche sollen die osteuropäischen Besucher mit der Heimat der Sachsen vertraut machen. Doch vorher fiebern die Teilnehmer noch den Höhepunkten der Woche entgegen – Konzerte in den Kirchen von Stollberg und Annaberg-Buchholz. "Statt Krach und Knallerei gestalten die Jugendlichen einen Jahreswechsel mit Gott," freut sich Kinmayer – einen Jahresausklang im wahrsten Sinne des Wortes.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 10.01.2006