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Bistum Dresden-Meißen

Schon zu DDR-Zeiten gegründet

Ökumenische Telefonseelsorge Dresden

Dresden - Ihr 20-jähriges Bestehen feiert die ökumenische Telefonseelsorge in Dresden am 13. Januar. 1986 war die Einrichtung als erste ihrer Art in der DDR gegründet worden.

Die Anfänge der Telefonseelsorge reichen sogar schon bis 1983 zurück: Mit einem Aushang in der Dresdner Hofkirche hatte der Radeberger Internist und Psychotherapeut Dr. Hartmut Kirschner damals dazu eingeladen, seine private Telefonnummer einmal in der Woche als Sorgentelefon zu nutzen. Insbesondere die hohe Rate von Suiziden hatte ihn zu dem Angebot bewegt, das dann auch genutzt wurde. Während des Dresdner Kirchentages 1983 wurde das Sorgentelefon sogar auf einen 24-Stunden-Dienst mit Ärzten, Theologen und Psychologen ausgeweitet.

Die positiven Erfahrungen motivierten Hartmut Kirschner, in den Kirchen Verbündete zu suchen. Er knüpfte auch Kontakte nach Prag, um sich über dortige Erfahrungen zu informieren. Auf Beschluss des evangelischen Landeskirchenamtes und nach Ausbildung von fast 60 Ehrenamtlichen konnte die Dresdner Telefonseelsorge Anfang Januar 1986 die allabendliche Arbeit aufnehmen.

Politische Zurückhaltung auferlegt

Gern gesehen war das kirchliche Angebot bei den staatlichen Stellen nicht. Es gab keinen Pfennig Unterstützung, und eine eigene Rufnummer wurde für die Telefonseelsorge auch nicht freigeschaltet, so dass die Mitarbeiter eine bereits vorhandene Nummer der Stadtmission mitbenutzten. Werben durften sie nur innerhalb der Kirchen. Parallel entstand in Dresden ein staatliches "Telefon des Vertrauens". "Man wollte den Kirchen das Feld nicht überlassen, und außerdem bestand wohl auch die Sorge, wir könnten die Anrufer in Ausreise-Absichten bestärken", glaubt Eckart König, der Leiter der Dresdner Telefonseelsorge, der fast von Anfang an dabei ist. Per Dekret wurden 1988 DDR-weit "Telefone des Vertrauens" eingerichtet, die anders als die Telefonseelsorge mit bezahlten Fachkräften arbeiteten. Mit der Dresdner Stelle, die bis heute existiert, hatten die Mitarbeiter der Telefonseelsorge von Anfang an einen guten Kontakt.

Um ein Verbot des Hilfsangebots zu vermeiden, waren die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Telefonseelsorge zu DDR-Zeiten angewiesen, nicht politisch Stellung zu beziehen. Es kam aber nur äußerst selten vor, dass Anrufer politische Themen überhaupt ansprachen, erinnert sich Eckart König. Ebenso wie den Mitarbeitern sei schließlich auch den Anrufern bewusst gewesen, dass ständig ungebetene "Mithörer" in der Leitung sein konnten. Wie heute ging es bei den Anrufen zu einem großen Teil um persönliche Belastungen, um Beziehungsprobleme und chronische Erkrankungen. Allerdings sind die Probleme nach Königs Einschätzung komplexer geworden. Partnerschaftsprobleme, Arbeitslosigkeit und psychische Erkrankungen kämen häufig zusammen und bedingten einander.

"Umschalten" zwischen Scherzen und ernster Not

In den letzten Jahren mache sich zudem bemerkbar, dass sich das Telefonierverhalten geändert habe. Gerade jüngere Menschen der Handy-Generation telefonierten immer häufiger und länger und hätten zusehends weniger Hemmungen, über persönliche Probleme am Telefon zu sprechen. Seitdem Anrufe bei der Telefonseelsorge kostenlos sind, haben die Mitarbeiter zunehmend mit "Scherztelefonaten" zu tun: Kindern und Jugendlichen, die Langeweile haben und die Reaktionen der Erwachsenen austesten wollen. Für die 75 ehrenamtlichen Mitarbeiter, die sich in Dresden abwechseln, ist es oft eine Herausforderung, zu unterscheiden und in Sekundenschnelle "umzuschalten" von einem Scherzanruf auf einen Anrufer, der ernstlich in Not ist.

Die Telefonseelsorge im internet unter http://www.telefonseelsorge.de
Und die bundesweit kostenlosen Rufnummern lauten: 0800 / 1110111 und 0800 / 1110222
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 13.01.2006

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