Damit Menschen wieder hoffen
In Helfta wurde ein Gedenkjahr zum 750. Geburtstag der heiligen Mystikerin Gertrud eröffnet
"Mit Fug und Recht kann Eisleben Stadt der heiligen Gertrud genannt werden", schreibt die Äbtissin der Zisterzienserinnen von Helfta, Assumpta Schenkl, in einer Einladung zu den Veranstaltungen des Gertrud-Jahres 2006. "Denn im Eisleber Kloster Helfta (damals ein eigenes Dorf) hat Gertrud (1256 - 1302) die knapp fünf Jahrzehnte ihres irdischen Daseins verbracht, ihr Christus verbundenes Leben mystischer Begnadung geführt und ihre bis heute inspirierenden Bücher verfasst. Hier ist sie auch gestorben und bestattet. (Ihr Grab ist unbekannt)."
Bischof Gerhard Feige bezeichnete die Heilige in seiner Predigt als "besonderes Leuchtzeichen Gottes in der Welt", von dem Hoffnung und Zukunft ausgeht. Angesichts von Katastrophen und Krankheiten, Arbeitslosigkeit gerade auch im Mansfelder Land, angesichts der Situation der Kirche in Mitteldeutschland mit ihren immer kleiner werdenden Gemeinden und geringen finanziellen Mitteln könne es "leicht passieren, die Hoffnung zu verlieren", so der Bischof. "Um dieser Gefahr entgegenzutreten, hat Gott sich die Heiligen ausgedacht." Gertrud selbst sei sich dessen offenbar bewusst gewesen, als sie schrieb: "Du hast mich armseliges Geschöpf auserwählt, damit Menschen wieder vertrauen und hoffen können."
Diesen Aspekt, Christus immer ähnlicher zu werden und so anderen Hoffnung zu geben, betonte auch Abtissin Assumpta in ihrem Vortrag über Gertrud. Einseitig und ohne eigene Leistung sei sie von Christus mit seiner Nähe beschenkt worden. Von ihm ganz durchdrungen, habe sie "Gott und die Menschen viel tiefer lieben können als zuvor". In der Folge habe sie sich zum Beispiel sehr viel Zeit genommen für die Menschen, die im Kloster Hilfe, Rat und fürbittendes Gebet suchten. Kriterium echter mystischer Erfahrungen sei nach Meister Eckart (1260-1327), dass sie den Betreffenden zu einem vollkommeneren Menschen machen.
"Typisch für die Mystikerinnen von Helfta, Gertrud und Mechthild sei, dass ihre Erfahrungen aus Liturgie und Gebet erwachsen sind", führte Schwester Assumpta aus. Indem sie ihre Unwürdigkeit erkannten und von sich selbst frei wurden, haben sie Pfingsten im eigenen Herzen erlebt. Markant für die Helftaer Mystikerinnen sei zudem "ein sehr großes Offensein" für die Natur und die Menschen. Meister Eckart, der möglicherweise manchmal in Helfta war, habe gelehrt, das Höchste sei, Gott in allem zu finden. Für Gertrud galt dies wohl. Sie schreibt eines Abends, nachdem sie sich am Morgen am Klosterteich an der wunderbaren Natur erfreut hatte und darüber den ganzen Tag mit Christus im Gespräch blieb: "Mein erdhaftes Herz spürte, das du bei mir angekommen warst."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 13.01.2006