Beruf in der Kirche
Tobias Gemler will Gemeindereferent werden
"Die Kirche hat den Menschen etwas zu geben, denn das Evangelium ist eine heiße Sache." Tobias Gremler ist davon überzeugt und möchte das anderen Menschen weitergeben. "Kirche kann nicht nur Hoffnung machen. Sie kann wirkliche Hoffnung geben. Hoffnung, die im Unterschied zu anderen Lebensentwürfen auch in Krisen Kraft gibt." Tobias Gremler, 1981 in Dingelstädt im Eichsfeld geboren, hat sich deshalb für einen Beruf in der Kirche entschieden. Er will Gemeindereferent werden – "eine spannende Arbeitsaufgabe", wie er findet: "Man sitzt nicht acht Stunden lang in einem Büro, sondern man ist viel unterwegs, hat ganz unterschiedliche Erlebnisse und begegnet den verschiedensten Menschen – zum Beispiel beim Religionsunterricht in der Schule oder beim Hausbesuch, beim Elternabend oder beim Teenietreff, beim Jugendabend oder bei der Dekanatskonferenz."
2003 wurde das Seminar in Magdeburg geschlossen
Die Ausbildung zum Gemeindereferenten absolviert Tobias Gremler an der Fachakademie in Freiburg / Breisgau. Bis 2003 ließen die ostdeutschen Bistümer ihre Gemeindereferentinnen und -referenten im Seminar für Gemeindepastoral in Magdeburg ausbilden. Dann aber waren die Bewerberzahlen zu klein und das Seminar musste schließen. Weniger Interessenten kennt man auch in Freiburg – Gründe hierfür sieht Tobias Gremler vor allem in der zurückgehenden Kirchlichkeit und im schwindenden Interesse für Kirche im Alltag. Insgesamt befinden sich in der Freiburger Einrichtung dennoch zurzeit etwa 50 Studenten in der Ausbildung. Sie kommen vor allem aus Bistümern im Süden und Westen der Bundesrepublik. Aus dem Osten Deutschlands stammen fünf: Tobias Gremler und Stephan Rhode aus Dingelstädt, Stefan Schubert aus Leipzig, Raiko Fischer aus Adorf und Christopher Mrosk aus Hoyerswerda.
Tobias Gremler hat sich für die Ausbildung in Freiburg vor allem deshalb entschieden, "weil sie sehr praxisorientiert ist". Nach seinem Abitur im Jahr 2000 hatte er ein Jahr lang an der Erfurter Universität Kommunikationswissenschaften studiert. "Dann habe ich gemerkt, dass mir das bloße theoretische Studieren, das Bücherlesen und Referateschreiben allein nicht liegen." Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr, in dem er sich im Kinderheim St. Joseph in Dingelstädt um behinderte Kinder kümmerte, hat er sich beim Bistum Erfurt als Gemeindereferent beworben und im Oktober 2002 mit der Ausbildung in Freiburg begonnen. Im Sommer wird er sie beenden. Doch vor der Sendung als Gemeindereferent durch den Bischof steht noch eine zweijährige Assistenzzeit im Bistum.
Zahlreiche Praktika während der Ausbildung
Auf dem Studienplan der vierjährigen Ausbildung in Freiburg stehen die verschiedenen theologischen Fächer – von der Bibelauslegung bis zur Dogmatik –, aber auch Philosophie und Psychologie. Einen Schwerpunkt bildet die Religionspädagogik. Das Studium ist mit einem Fachhochschulstudium vergleichbar. Der Abschluss ist aber nur in der katholischen Kirche anerkannt. Neben dem theoretischen Studienteil beinhaltet die Ausbildung auch viele Möglichkeiten, praktische Erfahrungen zu sammelt. Die wichtigste ist das praktische Jahr im dritten Studienjahr, das Tobias Gremler in Heiligenstadt (Gemeinde St. Aegidien) absolviert hat. Dazu kommen jeweils noch ein sechswöchiges Gemeinde- und Schulpraktikum sowie eine Sozialhospitation. Auch ein vierwöchiger Besuch in Israel gehört zur Ausbildung.
Nach wie vor ist der Beruf eine Domäne der Frauen. Der Anteil liegt bei etwa 75 Prozent. Dass Tobias Gremler sich dafür und nicht beispielsweise für das Priestertum entschieden hat, hat auch etwas mit seiner persönlichen Lebensplanung zu tun, zu der für ihn auch eine Ehefrau und eine Familie gehört.
Wer sich wie er für diesen Beruf interessiert, sollte sich vorher über einiges klar werden, rät Tobias Gremler: "Man muss andere Menschen mögen und ihnen gegenüber offen sein. Man braucht den eigenen Glauben als spirituelles Fundament. Und die psychische und physische Belastbarkeit ist wichtig."
Freiburg ist eine Stadt mit Flair und Charme
Wer diese Voraussetzungen erfüllt und Interesse an einer praxisorientierten Ausbildung hat, dem kann Tobias Gremler die Fachakademie und die Stadt Freiburg nur empfehlen. Zwar gibt es verglichen mit der ostdeutschen Diaspora durchaus Unterschiede im kirchlichen Leben, die den ostdeutschen Absolventen später noch einige Übersetzungsarbeit des Gelernten in hiesige Verhältnisse abverlangen werden, aber sonst ist das Urteil positiv, nicht nur über die Ausbildung: "Freiburg ist eine Stadt mir Flair und Charme. Die Badener sind für ihre Freundlichkeit und für ihren Wein bekannt. Und auch die Kirche hat in der Stadt einiges zu bieten."
Kontakt: Informationen über die Fachakademie Freiburg im Internet: www.m-r-h.deStichwort -190 Frauen und Männer im Dienst
Im Tag des Herrn-Verbreitungsgebiet sind zurzeit 190 Frauen und Männer als Gemeindereferetinnen und-referenten im aktiven Dienst tätig (Bistum Dresden– Meißen: 55, Bistum Erfurt: 62, Bistum Görlitz: 14 und Bistum Magdeburg: 59 Frauen und Männer in Voll- und Teilzeitstellen). Der Beruf ist eine Domäne der Frauen. Nur jeder vierte Gemeindereferent ist ein Mann.
Wer den Beruf ergreifen will, nimmt am besten zuerst mit dem Ordinariat seines Bistums Kontakt auf. Auch die Priester oder Gemeindereferenten in der eigenen Pfarrgemeinde können als erster Ansprechpartner sicher weiterhelfen. Die Ausbildungsmöglichkeiten und die Bewerbungsmodalitäten sollten Bewerber mit den Verantwortlichen in ihren Bistümern klären.
Die Ausbildung an der Fachakademie in Freiburg ist nur ein Möglichkeit. Gemeindereferentin oder -referent kann man auch mit einem Theologie- oder Religionspädagogikstudium werden (beispielsweise an der Universität Erfurt oder an der Fachhochschule in Eichstätt).
Für die Tag des Herrn-Bistümer befinden sich zurzeit 25 Frauen und Männer in der Ausbildung. (mh)
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 01.02.2006