Das Zentrum des Glaubens
Bischof Joachim Reinelt zur ersten Enzyklika von Papst Benedikt XVI.
Die erste Enzyklika Papst Benedikt XVI. hat große Zustimmung gefunden. Das kann nicht anders sein, denn der Mensch sehnt sich nach Liebe, weil er aus Liebe und für die Liebe geschaffen ist. Hier geht es um die Mitte unseres Glaubens. Wir glauben nicht an einen Gott, der den Menschen unter Druck setzt, zum Guten zwingt. Liebe kann Gott nicht erpressen. Gott würde sonst sich selbst widersprechen. Liebe schenkt. Wahre Liebe verbraucht sich bis zum Tod. Das hat Jesus Christus nicht nur gelehrt, sondern gelebt.
Ich war dabei, als Papst Benedikt vor der Konferenz des Päpstlichen Rates "Cor unum" – gewissermaßen dem Weltcaritasrat – seine Enzyklika erläuterte. Die Caritasvertreter aus aller Welt waren tief beeindruckt, als der Papst die verwandelnde Kraft des Glaubens an den Gott, der ein menschliches Antlitz und ein menschliches Herz annahm, erläuterte. Dieser Glaube ist keine Theorie, die man übernehmen oder auch beiseite legen kann. Der Glaube ist etwas sehr Konkretes, ist der Maßstab, der unseren Lebensstil bestimmt. Der Papst sagte uns: "Ich wollte die Menschlichkeit des Glaubens verdeutlichen. Hierzu gehört auch der Eros – das Ja des Menschen zu seiner von Gott erschaffenen Leibhaftigkeit." Eros (begehrende Liebe) ist aber nicht das Einzige wahrer menschlicher Liebe, sondern sie wird zur Vollendung geführt in der Agape (schenkende Liebe). Das heißt: in der Liebe, die für den Anderen sorgt, bereit ist, für den Anderen das Leben zu geben, die schließlich auch in der karitativen Hingabe der Christen an die Armen und Not Leidenden offenbar wird. Der Anblick des leidenden Menschen greift uns ans Herz. Wir tragen Christus in die leidende Welt hinein. Je bewusster und klarer wir Christen Gott als Geschenk zu den Menschen tragen, um so wirksamer wird unsere Liebe die Welt verändern.
Das ist das Zukunftsprofil der Caritas der Kirche. So wird die Epoche mit Papst Benedikt durch das Tatzeugnis jedes Einzelnen und unserer ganzen Gemeinschaft eine Botschaft unseres Glaubens von Gott, der Liebe ist. Die Glaubwürdigkeit jedes einzelnen Christen und der Kirche wird davon abhängen, wie entschieden wir diese Enzyklika in Leben umsetzen. Dabei sollen wir nie übersehen, dass Gott uns zuerst geliebt hat. Ohne die Liebe ist alles andere nichts.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 01.02.2006