Wachsamkeit und Zivilcourage notwendig
Katholisches Büro lud vor der Landtagswahl zum Politikerforum über Rechtsextremismus ein
Die rechtsextremistischen Parteien in Sachsen-Anhalt und ganz Deutschland arbeiten an ihrem Aufstieg. Sie bilden Bündnisse, verfeinern ihre Strategien, sichern ihre Finanzierung, versuchen, mehr Mitglieder und Sympathisanten zu gewinnen. Schon Schüler gehören zu ihren Zielgruppen. Ein Patentrezept gegen ihren Vormarsch hat keine der anderen Parteien. Nötig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Vereinen und Verbänden, den Landesregierungen, der Polizei und dem Staatsschutz. Gefragt sind nicht zuletzt die Aufmerksamkeit und Zivilcourage jedes Einzelnen.
Dies war der Tenor des Politikerforums "Rechtsextremismus vor der Wahl", das am 24. Januar stattfand. Dazu hatte im Rahmen der Arbeit des Netzwerks für Demokratie und Toleranz der Leiter des Katholischen Büros Sachsen- Anhalt, Stephan Rether, in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung eingeladen.
Zu Beginn erinnerte MDR-Hörfunkchef Winfried Bettecken, der die Diskussion moderierte, daran, dass die DVU 1998 mit 12,9 Prozent Stimmenanteil in den Landtag eingezogen war und 2002 Parlamentssitze nur knapp verfehlte. Auch im aktuellen Wahlkampf würden der Partei, die auf ihren Wahlplakaten auf ihre Zusammenarbeit mit der NPD verweise, um die 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Eine Reihe von Einwohner-Meldeämtern hätten der Partei ihre Daten bereitgestellt, so dass die DVU voraussichtlich Erst- und Jungwählern Propagandamaterial schicken werde. Hintergrund ist, darauf verwies Podiumsteilnehmer Harald Baer von der Katholischen Sozialethischen Arbeitsstelle in Hamm, dass 1998 jeder dritte der unter 30- Jährigen DVU gewählt habe.
Diskutiert wurde, wie man den "auf das Bauchgefühl" ausgerichteten Parolen Rechtsradikaler begegnen könne. Ob es sinnvoll ist, mit ihnen ernsthaft diskutieren zu wollen, wurde von vielen Forumsteilnehmern bezweifelt. Friedemann Affolderbach, Mitglied eines mobilen Beratungsteams des Kulturbüros Sachsen im Raum Leipzig wies auch auf einen latenten Rechtsradikalismus hin, der nicht an Parteimitgliedschaft gebunden oder nur bei jüngeren Menschen anzutreffen sei. Auch manche Christen seien dafür anfällig. Affolderbach forderte, Erfahrungen von lokalen Bündnissen in der Auseinandersetzung mit Rechten zu sammeln und auszuwerten. Notwendig sei eine kontinuierliche Beschäftigung mit dem Rechtsextremismus jenseits von Wahlen und Übergriffen.
Unterdessen hat der Hallenser Politikwissenschaftler Everhard Holtmann, der aus gesundheitlichen Gründen nicht an dem Forum teilnehmen konnte, einen Wahlerfolg der DVU eher bezweifelt. Andere halten ihn für möglich.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 01.02.2006