Heilsames für Leib und Seele
Bei der Krebsbehandlung am Leipziger Klinikum St. Georg wird Krankenhausseelsorge mit einbezogen

"Bei der Krebsbehandlung sind keine Solisten gefragt, sondern ein Orchester", ist Luisa Mantovani überzeugt und denkt dabei nicht nur an das Zusammenwirken von Experten verschiedener medizinischer Fachrichtungen auf höchstem fachlichen Niveau. Auch das seelische Wohl der Patienten sei wichtig: "Wer von innen heraus Frieden und Kraft hat, der steigert seine Heilungschancen."
Zu den Extra-Angeboten der Abteilung, von denen viele Patienten sagen, dass sie ihnen "einfach gut tun", gehört dabei neben kostenlosen Kosmetikkursen für Frauen unter anderem auch vierzehntäglich eine Meditation mit Schwester Simone Poll. Ihr Angebot ist so gestaltet, dass sich Patienten ohne religiösen Hintergrund eingeladen und bereichert fühlen. Besinnliche Bilder, Texte und Musik bringen in ihnen vieles zum Klingen, was die Diagnose "Krebs" ohnehin schon angestoßen hat: Sie denken tiefer über ihr bisheriges Leben nach und über das, was für sie wesentlich ist. In Schwester Simone finden sie jemanden, mit dem sie darüber und über ihre Ängste sprechen können, was oftmals in der Familie und im Bekanntenkreis unmöglich scheint.
Viele wünschen sich eine Fortsetzung nach ihrem Klinikaufenthalt. Wenn im Sommer in Räumen des ehemaligen Stadtkrankenhauses Leipzig-Lindenau das "Haus Leben" eröffnet wird, könnte dieser Wunsch Wirklichkeit werden. Das St.-Georg-Klinikum, der Förderverein Krebsliga und die Stadt Leipzig errichten mit Sponsorengeldern ein Begegnungs- und Beratungszentrum für Krebskranke und Angehörige aus Leipzig und Umgebung mit einem breiten Kurs- und Veranstaltungsangebot. Geplant ist zudem, dass Gesunde hier umfassend über Vorsorge, Früherkennung und Heilungsmöglichkeiten informiert werden. "Dieses Haus soll dazu beitragen, dass Krebs nicht mit Hoffnungslosigkeit gleichgesetzt wird. Es soll Lebensfreude vermitteln", sagt Projektkoordinatorin Barbara Luig. Den Startschuss für "Haus Leben" gaben im August katholische Jugendliche aus Frankreich, den USA und Leipzig beim "Tag des sozialen Engagements" im Vorfeld des Weltjugendtages. Sie gestalteten eine Innenwand des künftigen Begegnungszentrums mit Spruchweisheiten über das Leben in ihren Muttersprachen und ein dreisprachiges Hausschild. Vier junge Frauen haben, inspiriert von diesem Aktionstag, später mit ihrem Kammerensemble ein Benefizkonzert zugunsten von "Haus Leben" gegeben.
"Für christliche Gemeinden böte sich hier ein großes Betätigungsfeld", sagt Chefärztin Mantovani. Häufig begegnet sie Nöten, die sie und ihr Team an die Grenzen ihrer Möglichkeit führen. Sie erzählt von allein erziehenden Krebspatientinnen, die um jeden Tag Klinikaufenthalt feilschen und keine Kur antreten, weil sie niemandem ihre Kinder anvertrauen könnten. Ein jüngerer Mann kam kürzlich mit einem riesigen Tumor, der ein halbes Jahr lang gewuchert war, in die Klinik. Da der Mann nach langer Arbeitslosigkeit endlich eine Stelle bekommen hatte, traute er sich erst nach Ablauf der Probezeit zum Arzt. Christen könnten auch dazu beitragen, Krebs zu enttabuisieren, wünscht sich Dr. Mantovani. "Warum nicht auch mal mit einer originellen Aktion, zum Beispiel nach dem Gottesdienst?", schlägt sie vor. In ihrem Heimatland hätten Ehrenamtliche beispielsweise kürzlich auf den Piazze aller größeren Städte kistenweise Blutorangen zugunsten der Krebsforschung verkauft. Damit klärten sie über eine neue wissenschaftliche Studie auf, die in Blutorangen einen sehr hohen Anteil krebshemmender Inhaltsstoffe nachgewiesen hat.
Informationen
www.hauslebenleipzig.de
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 16.02.2006