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Bistum Dresden-Meißen

An den Wurzeln

Dr. Siegfried Seifert, der langjährige Archivar des Bistums Dresden-Meißen

Einen schon recht beachtlichen Teil sächsischer Kirchengeschichte kennt der gebürtige Dresdner aus eigenem Erleben: Am 26. Februar wird Dr. Siegfried Seifert 70 Jahre alt. Gegenwärtig arbeitet er an einem Urkundenbuch des Bautzener Domkapitels. Foto: Dorothee Wanzek Bautzen - Wenn Dr. Siegfried Seifert erzählt, rücken längst vergangene Zeiten näher. Es gibt wohl keinen zweiten Kirchenhistoriker, der ebenso fundiert und zugleich unterhaltsam darüber Auskunft geben könnte, wie Katholiken einst in Sachsen gelebt haben und was sie bewegt hat.

"Ich konnte jeden Tag ein schönes Buch zur Hand nehmen und mir schöne Dinge anschauen – was kann man sich mehr wünschen?", sagt Siegfried Seifert über sein Arbeitsleben. Bis zum Eintritt in den Ruhestand 2001 leitete er das Archiv und die Bibliothek des Bautzener Domstifts und des Bischöflichen Ordinariats. Auch die Domschatzkammer, die auf seine Initiative hin 1985 in Bautzen gegründet wurde, stand unter seiner Führung. Es ist jedoch nicht allein die Liebe zu alten Kulturgütern, auf die sich sein Interesse an der Vergangenheit gründet. Er lebt aus dem starken Bewusstsein heraus, dass Glaube und Tradition ganz eng zusammengehören. Gerade in der DDR, deren Umgang mit der Geschichte er als schmerzlich empfand, war es ihm ein Bedürfnis, das durch seine Vorträge und Publikationen sichtbar zu machen. Nicht zuletzt in den katholischen Gemeinden wollte er die Beschäftigung mit der Vergangenheit fördern, wo immer es möglich war. "Die Gemeinden nach dem Zweiten Weltkrieg waren bunt zusammengewürfelt, die meisten ohne Bezug zu Sachsen. Die Erkenntnis, hier mit dem katholischen Glauben nicht bei Null anzufangen, konnte den Katholiken dabei helfen, heimisch zu werden", sagt er zu seiner Motivation. Als "Festredner vom Dienst", wie er sich selbst scherzhaft bezeichnet, nimmt er bis heute zahlreiche Einladungen zu Gemeindejubiläen an. Selbst Familienforscher und Ortschronisten, die in vielen Archiven gerne abgewimmelt werden, hat er als Bautzener Bistumsarchivar in ihren Anliegen ernst genommen und unterstützt.

Gleichzeitig war es Seifert immer wichtig, dass die katholische Diaspora-Kirche sich nicht in ein Ghetto zurückzog. In all seinen Funktionen hat er deshalb intensive Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen gepflegt, angefangen bei der Denkmalpflege bis hin zur staatlichen Archivverwaltung. Seine Führungen durch die Domschatzkammer sieht er in erster Linie als Weg, den christlichen Glauben, der in den unterschiedlichen Exponaten Ausdruck findet, nach außen zu tragen: Für Schätze interessierten sich bereits in der DDR-Zeit auch diejenigen, die sich in eine Kirche nicht hineingewagt hätten.

Wenn Siegfried Seifert über sein bisheriges Leben spricht, fällt auf, mit welch großer Achtung er über all die Menschen spricht, die seine Wege gekreuzt haben. Nachhaltig beeindruckt zeigt er sich insbesondere von einigen sehr engagierten Priestern, die er während seines Theologiestudiums in Leipzig erlebt hat, darunter die Jesuiten Gerhard Kroll und Otto Ogiermann. Die Jesuiten waren es auch, die den evangelischen Theologen beim Übertritt in die katholische Kirche begleiteten, zu der er sich im Laufe seines Studiums und Vikariats immer mehr hingezogen gefühlt hatte.

Bereits während des Studiums hatte er sich kirchenhistorischen Themen gewidmet. Als Bischof Otto Spülbeck ihn 1962 nach Bautzen rief, war damit dann unter anderem der Auftrag verbunden, in Vorbereitung der 1000- Jahrfeier des Bistums Meißen im Jahr 1968 eine größere Darstellung der Bistumsgeschichte zu erstellen. Gemeinsam mit Willi Rittenbach verfasste Seifert eine Geschichte der Meißener Bischöfe von der Bistumsgründung bis zur Reformation. Erscheinen durfte die Arbeit jedoch erst später, da den politisch Verantwortlichen das Missverhältnis von 1000 Jahren Bistumsgeschichte zu nicht einmal 20 Jahren Geschichte der DDR nicht behagte. Verpackt als Gedächtnisschrift anlässlich des Todes von Bischof Spülbeck war die Veröffentlichung dann 1970 möglich.

In der gleichen Reihe des Leipziger St. Benno-Verlages hatte Dr. Seifert 1964 bereits seine Promotionsschrift herausgegeben, in der er den Niedergang und Wiederaufstieg der katholischen Kirche in Sachsen zwischen 1517 und 1773 behandelt. Die Zeit des Wiederaufstiegs im 18. Jahrhundert zählt nach eigenem Bekunden zu den Epochen sächsischer Kirchengeschichte, die ihm besonders sympathisch sind. Ihm imponiert unter anderem, wie es den Jesuiten damals gelang, Diasporakatholiken aus aller Herren Länder zu sammeln und die Zentren katholischen Glaubens zugleich als Zentren der Kunst und Kultur zu etablieren.

Dr. Seifert ist als Ratgeber in allen Fragen zu Kunst, Kultur und Geschichte im Bistum Dresden- Meißen nach wie vor unverzichtbar. Auch aus eigenen Stücken tut er einiges dafür, dass sein Ruhestand nicht allzu ruhig wird.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 22.02.2006

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