Im Buch des Lebens verzeichnet
20 Jahre Hospizdienst in Halle

Die Frage musste einfach kommen, das war Thomas Kolodziej, Geschäftsführer des Hospizes in Halle, und der Ehrenamtlichen-Koordinatorin Cornelia Tietze schon im Voraus klar gewesen. Wie es denn so sei, den ganzen Tag mit Sterbenden zusammen zu sein? Mit Menschen, die selten länger als einen Monat im Hospiz bleiben und den ganzen Tag – warten?
"Die meisten denken, dass man es nicht verkraftet, so nah am Tod zu sein", sagt Cornelia Tietze schließlich. Die 42-Jährige hat selbst als Krankenschwester im stationären Hospiz gearbeitet, bevor sie zu Beginn dieses Jahres die Organisation der 65 Ehrenamtlichen übernommen hat. "Und natürlich macht die Arbeit hier etwas mit einem, man geht viel bewusster mit dem Tod um und schiebt ihn nicht mehr weg."
und schiebt ihn nicht mehr weg." In den 20 Jahren der von Pfarrer Heinrich Pera begründeten Hospizarbeit in Halle haben bereits über 1000 Patienten die fachkundige und einfühlsame Begleitung auf ihrem letzten Weg erfahren. Ihre Namen sind im "Buch des Lebens" aufgeschrieben, das im Raum der Stille im Hospiz liegt. Jeder Patient werde in einem persönlichen Gespräch auf seinen Aufenthalt vorbereitet, sagt Thomas Kolodziej. "Sie wissen alle vom Gefühl her, dass sie sterben werden, aber bewusst wollen sich das viele oft nicht eingestehen."
Die acht Betten im Hospiz am St.-Elisabeth-Krankenhaus sind auch nicht immer komplett belegt. Hauptpfeiler der Hallenser Hospizarbeit ist die ambulante Betreuung, bei der Ehrenamtliche derzeit zwölf Patienten in deren Zuhause bis zum Tod betreuen, ihnen helfen und ihre Verwandten entlasten. Außerdem vermitteln sie zwischen den Patienten und dem Arzt, Pflegedienst oder Therapeuten. Ein Seminar und ein Praktikum bereiten jeden Ehrenamtlichen auf seine Arbeit vor.
Auch in Zukunft soll die ambulante Betreuung weiter ausgebaut werden. "Anstatt flächendeckend Hospize einzurichten und die Sterbenden so aus der Gesellschaft zu nehmen, arbeiten wir vielmehr auf eine verstärkte Integration unserer Arbeit in Alten- und Pfl egeheime, Krankenhäuser und ambulante Pflegedienste hin", erklärt Thomas Kolodziej. Daneben sollen die Trauerbegleitung für Angehörige mit Pfarrer Gerhard Packenius sowie das 1993 gegründete erste Tageshospiz und natürlich das stationäre Hospiz als wichtige Elemente weiterbestehen.
Die Betreuung im Hospiz hört nicht mit dem Tod des Patienten auf. Abgesehen von der Trauerbegleitung können die Angehörigen auch in einem Gespräch direkt nach dem Tod ihres Verwandten alles über dessen Sterben erfahren. Wenn die Angehörigen es wollen, bleibt der oder die Verstorbene noch einen Tag lang in seinem Zimmer, damit jeder Gelegenheit bekommt Abschied zu nehmen. Thomas Kolodziej sagt: "Mir ist es persönlich sehr wichtig, dass die Angehörigen auch sehen können, wie sich der Verstorbene verändert. Sie begreifen dann vielleicht eher, dass man ihn nicht behalten kann."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 02.03.2006