Wanderer zwischen den Welten
Vor fünf Jahren starb der deutsche Caritasdirektor von Russland Monsignore Hartmut Kania
Er war ein Wanderer zwischen den Welten, immer auf der Suche nach der Not des anderen, mit dem festen Willen dort zu helfen, wo das Elend am größten war. "Kirche muss dort präsent sein, wo sie gebraucht wird", hat Hartmut Kania einmal sehr einfach, aber deutlich gesagt. Und das bedeutete für ihn vor allem: Heraus aus den eigenen Bequemlichkeiten.
Vom Zirkusseelsorger zum Caritasdirektor
Das hat der 1942 geborene Priester schon früh verwirklicht. Zu DDR-Zeiten war er viele Jahre Beauftragter der Berliner Bischofskonferenz für die Zirkusund Schaustellerseelsorge. Kania reiste den Wanderzirkussen hinterher, half beim Auf- und Abbau. Er war im bequemen Wohnwagen der Direktoren ebenso zu Gast wie in den stickigen Unterkünften der Stallburschen. Mit denen, die es wollten, feierte er Gottesdienst. Als "Pfaffe" war Kania gern gesehen in den Zirkuszelten. Darüber hinaus vergaß er aber nie seine kleine Pfarrgemeinde in Schwarzheide, die er von 1978 bis 1991 als Kuratialpfarrer leitete.
Dann kam die politische Wende 1989, ein Jahr, in dem die unterdrückten Völker Europas wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blicken konnten, in dem aber auch die Versäumnisse von Jahrzehnten sichtbar wurden. Hartmut Kania ging dorthin, wo er "am dringendsten gebraucht wurde": Nach Russland, nach St. Petersburg.
Unter persönlichen Entbehrungen versuchte er dort die Caritasarbeit aufzubauen, gründete das Haus der Caritas in der russischen Metropole. Es entstanden Beratungsdienste, Suppenküche, Pfl egeplätze für alte Menschen, Einzelprojekte. Und er versuchte, auch in Deutschland auf die soziale Not aufmerksam zu machen, sammelte Spenden und warb um Verständnis für die russische Situation.
Mit Hilfe der Caritas des Bistums Görlitz, mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern vor Ort, entstand in St. Petersburg im Laufe der Jahre eines der effektivsten sozialen Netzwerke, die die Stadt jemals gesehen hat. Die Caritas in St. Petersburg sorgt heute für die sozial Schwächsten, die Ausgestoßenen, Verlassenen und Vergessenen: Strafgefangene, alte und kranke Menschen, Behinderte, Obdachlose, Alleinerziehende, kinderreiche Familien in Not, gefährdete Kinder und Jugendliche.
Zur Verständigung der Völker beigetragen
Fast nebenbei trug der umtriebige Priester, der von 1999 an Caritasdirektor für die gesamte Russische Föderation wurde und den Ehrentitel Monsignore erhielt, somit zur Verständigung von Russen und Deutschen bei. Junge Christen wie Nichtchristen gewann er, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder eine längere Zeit in St. Petersburg zu verbringen, um die Not der Menschen zu lindern. Wer dort arbeitete, sah sein Leben danach aus einer anderen Perspektive.
Hartmut Kania rieb sich für die Bedürftigen auf, arbeitete ununterbrochen, am Ende wohl mehr als seiner Gesundheit zuträglich war. Nach kurzer Krankheit starb er am 17. März 2001 in einem Berliner Krankenhaus und ist in Teltow begraben. Russen wie Deutsche setzen sein Werk fort. Die Caritas im Bistums Görlitz hat einen ehrenamtlichen Russland-Beauftragten. Das von Kania in der St. Petersburger Ulica Rjabinovaja gegründete Haus der Caritas trägt seinen Namen. Im Juni ist wieder eine deutsche Delegation aus dem Bistum Görlitz in Russland unterwegs, um nach dem Rechten zu sehen und um neue Hilfe zu organisieren.
Anlässlich des fünften Todestages wird am 17. März um 18.30 Uhr in der Eucharistia-Kirche in Teltow eine heilige Messe gefeiert.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 09.03.2006