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Anstoß

Papst Benedikt und die Frauen

Eine Ermunterung zum Weiterdenken

Guido Erbrich

Radio Vatikan brachte die Nachricht vor zwei Wochen. Papst Benedikt XVI. hält eine stärkere Beteiligung von Frauen an kirchlichen Leitungsaufgaben für denkbar. Ein junger römischer Kaplan hatte ihn gefragt, ob man Frauen heute in der Kirche mehr zum Leitungsdienst hinzuziehen könnte. Nun habe Christus die Priesterweihe zwar bekanntlich Männern vorbehalten, so der Papst, doch ein Nachdenken über mehr Raum für Frauen in der Kirche sei möglich. Als Beispiel nannte Benedikt Hildegard von Bingen, Katharina von Siena, Theresa von Avila und Mutter Teresa.

Kirchenleitung ist undenkbar ohne den entschiedenen und manchmal sehr sichtbaren Beitrag von Frauen, etwa als Hildegard die Bischöfe ihrer Zeit kritisierte oder Katharina von Siena die Rückkehr des Papstes nach Rom erlangte. Gerade, weil es Ausnahmefrauen waren, hat der Kaplan Recht, wenn er heute nach mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Kirchenleitung fragt, so Benedikt.

Erinnern Sie sich noch an die Diskussionen um Ministrantinnen in den Gemeinden? Allzu lange sind sie gar nicht her. Für manche stand das ganze Fortbestehen des katholischen Glaubens auf dem Spiel. Heute sind Mädchen und Jungen am Altar der sympathische Normalfall. Der Kirche Gottes hat das nicht geschadet – im Gegenteil.

Warum sollte diese Normalität nicht auch in anderen kirchlichen Bereichen funktionieren. Ich kenne einige Frauen, die genügend Kompetenz und Charisma besitzen, um in der Kirche Chefposten zu besetzen. Meist sitzen sie allerdings in der zweiten oder dritten Reihe. Nicht immer sind ihre männlichen Vorgesetzten wirklich die bessere Wahl.

Unsere Gesellschaft ist, auch wenn sie sich im Großen und Ganzen "männerchefsessellastig" zeigt, in den letzten Jahren ganz schön in Bewegung geraten. Und wenn jetzt eine Bundeskanzlerin an der Spitze der Regierung steht, ist es ebenso denkbar, die ein oder andere Frau in einem kirchlichen Spitzenamt zu sehen. Es muss ja nicht gleich nach Quotenregeln gehen. Aber dort, wo Frauen im besten Sinne "ihre Frau" stehen, sollten sie diese Posten auch bekommen können.

Noch ist das eher die Ausnahme. Benedikt ermuntert hier zum Weiterdenken. Und es wäre wünschenswert, wenn dieser Anstoß in der Kirche aufgegriffen wird.

Irgendwann kommt vielleicht die Zeit, dass überhaupt nicht geschaut werden muss, ob ein Mann oder eine Frau auf dem Chefsessel sitzen. Weil es normal ist, nach den Fähigkeiten und nicht nach dem Geschlecht zu urteilen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 16.03.2006

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