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Bistum Dresden-Meißen

In der Seele schwingt immer etwas mit

Welche Rolle spielen Glocken heutzutage?

Eine reichliche Portion duftenden Chrisams hielt der Dresdner Bischof Joachim Reinelt für die beiden neuen Glocken bereit: Links die Kolping-, rechts die Benno-Glocke. Foto: Dorothee Wanzek Bautzen - Zwei neue Glocken hat Bischof Joachim Reinelt vergangenen Sonntag in der Bautzener Liebfrauenkirche geweiht. Der Tag des Herrn nimmt das zum Anlass für eine fünfteilige Beitragsserie rund um das Thema "Glocken". Die erste Frage: "Was bedeuten Glocken heutigen Menschen?"

Wann der nächste Gottesdienst beginnt, ist auch dem Pfarrblatt zu entnehmen. Von wichtigen Ereignissen wie dem Tod eines Papstes künden Fernsehen und Radio in Minutenfrist und die Uhrzeit wird mit funkgesteuerter Präzision häufiger in Erinnerung gerufen, als manchem lieb ist. Auf den ersten Blick haben Glocken im Medienzeitalter ihre Bedeutung verloren. Und dennoch gibt es viele Menschen, die sie auf keinen Fall missen möchten.

"Sie sind eine ganz große Bereicherung für unsere Stadt." Die Freude über beiden neuen Glocken ist der sorbischen Studentin Christina Schurk anzusehen. Dass sie mit zwei männlichen Kollegen ausgewählt wurde, die Patenschaft für die größere, dem heiligen Benno gewidmete Glocke zu übernehmen, empfindet sie als "große Ehre". Gemeinsam mit einer Freundin hatte sie im vergangenen Jahr ein Benefizkonzert organisiert, das über 600 Euro für die Glocke eingebracht hat. Auch Dr. Thomas Brützke ist Glockenpate. "Glockenläuten ist auch Glaubensverkündigung", betont er. Besonders nahe geht es ihm jedesmal, wenn er als Osterreiter vom Geläut der Glocken verabschiedet und bei seiner Rückkehr wieder begrüßt wird. Dass die beiden neuen Glocken zu Ostern das erste Mal geläutet werden, freut ihn sehr.

Dass er in einer Stadt wie Bautzen noch nie von Glockengegnern gehört hat, die sich über angebliche Lärmbelästigung durch Glocken beschweren, wundert den Bautzener Pfarrer Veit Scapan nicht. "Die Glocken gehören hier einfach dazu, sie begleiten unser Leben", sagt er. Die außerordentlich hohe Spendenbereitschaft seiner Gemeinde war aber selbst für ihn überraschend. Bei der kleineren Kolping-Glocke tat sich vor allem die örtliche Kolpingfamilie hervor, bei der Benno-Glocke waren die sorbischen Gemeindemitglieder ganz besonders großzügig. Auch über kleinere Summen hat sich der Pfarrer gefreut, zum Beispiel über die 2,17 Euro eines Viertklässlers. "Dann kann ich meinen Kindern später mal sagen, dass ich die Glocke mit bezahlt habe", sagte der Junge zu seiner Motivation.

"Die Reise unseres Lebens geht nicht ins Nichts, sondern ins Fest bei Gott", sagte Bischof Joachim Reinelt während seiner Predigt. Die wesentliche Bedeutung der Glocken sieht er darin, dass sie in der Bevölkerung das Bewusstsein für diese Realität wachhalten. Zur Weihezeremonie gehört es unter anderem auch, die Glocken mit Chrisam zu salben. Dass dieses Salböl verwandt wird, das als Symbol für das königlich erhöhte Gottesvolk sonst eigentlich Menschen vorbehalten ist, hänge wohl damit zusammen, dass der Glockenton in den Seelen der Menschen "etwas mitschwingen lasse", dass sie einen Ruf darin wahrnähmen. Eine schreckliche Erinnerung sei es für ihn, dass Glocken den Zweiten Weltkrieg verkündigen mussten, erzählte der Bischof: "Das passt nicht zu dieser Stimme des Friedens." Er erinnere sich auch daran, wie nach dem Krieg erstmals wieder die Glocken der Dresdner Hofkirche läuteten. Damals hätten die Leute gesagt: "Jetzt ist die Kirche wieder lebendig geworden."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 13 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 30.03.2006

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