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Anstoß

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Gedanken zum Palmsonntag

Susanne Schneider

Kürzlich haben wir in einer Gruppe über Petrus gesprochen. Diese Gruppe bestand aus Taufschülern, die die Bibel kaum kennen, und einigen Christen. Unser Thema war der Jünger und Apostel Petrus. Wir hatten das Leben des Petrus mit Jesus ziemlich ausführlich angeschaut: wie er vom Fischernetz weg berufen wird (Lk 5), wie er mit Jesus mitgeht und das berühmte Messiasbekenntnis spricht (Mt 16), wie er verspricht, für Jesus zu streiten und mit ihm ins Gefängnis und in den Tod zu gehen (Lk 22). Viele der Taufschüler waren angetan von diesem Petrus: ein starker, klarer, begabter junger Mann, der weiß, was er will, der sich für den Weg Jesu entschieden hat.

Dann kam meine Erzählung auf die Verleugnung (Lk 22) – derselbe Petrus, der eben noch geglänzt hatte und über jeden Zweifel erhaben war, erschien nun in einem ganz anderen Licht: ängstlich, überfordert, feige und unfähig, zu seinem eigenen Wort zu stehen.

Eine Taufschülerin sagte: "Wenn Jesus wusste, dass der Petrus so feige ist, wieso hat er ihn dann überhaupt auserwählt?" Daraufhin war erst mal Schweigen in der Gruppe.

Nach einer Weile kamen verschiedene Antworten: "Aber Petrus hat sein Lügen ja bereut!", "Vielleicht war er einfach überrumpelt worden und hat den Ernst der Lage nicht erkannt" "Petrus war eben auf diese Fragen nicht eingestellt..." Und schließlich sagte einer: "ich weiß nicht, wie ich gehandelt hätte ...".

Wir sprachen dann noch lange von Petrus und seinen möglichen Gründen für die Verleugnung. Einige erzählten, schon einmal in einer ähnliche Lage wie Petrus gewesen zu sein. Manche waren bei ihrer Haltung geblieben, aber es gab auch welche, die ihr Wort gebrochen hatten.

Schließlich meinte eine: "So wie der Petrus sind wir doch alle, und wenn Jesus den Petrus auserwählt, dann wählt er auch uns!"

Das war für uns an diesem Abend ein Trost und eine Beruhigung: So wie wir sind, mit unseren Begabungen und Fähigkeiten, aber auch mit unserem Versagen und unserer Feigheit, sind wir von Jesus gerufen.

In diesem Zusammenhang fiel mir ein, dass ich mit einem alten Pfarrer ab und zu über bestimmte Leute gesprochen hatte und wir machten schöne Pläne, was wir alles tun würden, hätten wir nur die richtigen Leute dafür. Doch dann sagte er immer: "Solange wir keine anderen Leute haben, müssen wir die Leute nehmen, die es gibt …"

Für Petrus ging seine Verleugnung letztlich gut aus: er bereute bitterlich und weinte über sich selbst. Er hatte eine schmerzliche Erfahrung mit sich selbst gemacht. Doch der auferstandene Jesus hat diese Sache mit ihm geklärt und ihn erneut berufen und ihm einen großen Auftrag gegeben. Und so hoffen wir, dass Jesus auch uns – trotz aller Unzulänglichkeit – brauchen kann.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.04.2006

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