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Anstoß

Annehmen und verwandeln lassen

Tod und Leben kämpfen

Susanne Schneider

Die Auferstehung Jesu ist für die Frauen und die Jünger schwer fassbar. Trotzdem setzt sich in der jungen Christenheit der Glaube durch: "Jesus lebt!". Eine Annäherung an dieses Geschehen sind die zahlreichen Erscheinungen Jesu: Jesus zeigt sich als der verwundete Auferstandene und sucht den Kontakt und das Gespräch mit seinen Freundinnen und Freunden. Dabei zeigt er sich nicht als cooler Sieger und unüberwindlicher Held. Vielmehr geht er sehr verständnisvoll und sensibel auf den Schmerz oder die Zweifel der Einzelnen ein:

Maria Magdalena ist vor Kummer und Verzweiflung völlig blind. Selbst die Engel können sie nicht aus ihrer Traurigkeit reißen. Auch der Anblick Jesu selbst richtet zunächst nichts aus. Jesus geht auf sie zu und fragt sie, warum sie weint und wen sie sucht. Sie darf ihr ganzes Leid und alle Traurigkeit vor ihm ausbreiten. Dann erkennt sie ihn, als er sie – wie wohl früher oft – beim Namen nennt.

Thomas tut sich ebenfalls schwer mit dem Glauben an die Auferstehung. Er möchte nicht einfach glauben aufgrund von Erzählungen anderer, sondern möchte "Beweise". Er zeigt damit seine Unsicherheit und Zweifel, und Jesus nimmt sie ernst. Als Jesus das nächste Mal erscheint, schimpft er nicht mit Thomas. Er hält ihm keine Moralpredigt und auch keine theologische Belehrung. Sondern er greift den Wunsch des Thomas auf: Thomas darf seine Finger in die Wunden legen. Thomas hat diese Berührung des verletzten Siegers gebraucht.

Andererseits erscheint Jesus in allen diesen Geschichten merkwürdig fremd und distanziert:

Maria Magdalena darf ihn nicht festhalten. Sie muss Abschied nehmen von der Vorstellung, mit ihm als irdischen Menschen Gemeinschaft zu haben und muss die neue Beziehungsebene anerkennen. Sie bekommt den Auftrag, seine Auferstehung den Aposteln zu verkünden.

Jesus erklärt dem Thomas, dass ein Übermaß an Zweifeln unruhig machen und vom eigentlichen, nämlich der Sendung in alle Welt, abhalten kann.

Jesus geht über den jeweiligen Schmerz nicht hinweg: er ist keiner, der verdrängt oder unter den Teppich kehrt. Aber dann sagt er klar: Haltet euch nicht zu lange bei eurer Verletzung auf. Ich lebe, und ihr sollt gehen und das Reich Gottes verkünden!

Nach einer Auseinandersetzung, wenn man etwas falsch gemacht hat oder wenn man gelitten hat, ist man häufig nicht in der Lage, so weiterzumachen, als wäre nichts gewesen. Ein schlechtes Gefühl, Versagensangst, Reue, Grübeln beschäftigen einen so, dass man davon ganz in Anspruch genommen ist und nicht mehr aus diesem Teufelskreis herauskommt.

Oft kann es eine Hilfe sein, wenn man den Schmerz nicht wegschiebt, sondern noch einmal genau anschaut – mit dem liebenden Blick Gottes. Dann kann es passieren, dass sich kleine "Auferstehungen" ereignen. Der Schmerz ist nicht plötzlich wie weggeblasen, aber wir können auch die positiven Seiten einer Situation sehen. Manchmal hilft es dabei, ein klärendes Gespräch zu suchen oder sich bewusst Zeit zu geben, um "Tod und Leben" in sich kämpfen zu lassen. Danach können wir uns wieder mit neuer Kraft dem Leben zuwenden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 04.05.2006

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