Unterwegs in Richtung Zukunft
Jugendwallfahrt in Erfurt
Da saß sie nun, die angeschlagene Fußballmannschaft: Es hat ja alles keinen Zweck, wir können nicht mehr, und lasst uns doch in Ruhe. Die Szene, von Jugendlichen zur Abschlussstunde des Wallfahrtstages gestaltet, machte deutlich, wie schnell Resignation und Mutlosigkeit um sich greifen können. Um hier hoffnungsvollere Zeichen zu setzen, stellte die Erfurter Bistumsjugend die Visionen in den Mittelpunkt: Visionen, die helfen aufzubrechen, die in eine Zukunft schauen lassen.
In seiner Predigt erinnerte Bischof Joachim Wanke unter anderem an Albert Schweitzer, ohne dessen begeisterte Vision das Urwaldhospital in Lambarene vermutlich nie entstanden wäre. Menschen wie Schweitzer und all den anderen visionären Frauen und Männer sei es zu danken, dass die Menschheit heute nicht mehr in der Steinzeit lebe, betonte der Bischof weiter. Er wünschte den Jugendlichen, dass sie im Leben immer auf das Reich Gottes bauen, ein Reich, in dem Liebe und Vergebung keine schönen Illusionen, sondern Wirklichkeit sind. So seien Solidarität, Gerechtigkeit und Frieden möglich. Joachim Wanke warnte zudem vor einer Grundversuchung des Menschen, dass volle Leben immer jetzt und sofort haben zu wollen. Jesu, so der Bischof weiter, sei einen anderen Weg gegangen. Er habe so die Tür zum Reich Gottes aufgestoßen.
Nach dem Gottesdienst fand traditionell das Zwischenprogramm statt. Dabei hatte die Ökumenischen Spielgemeinde Erfurt zum Theaterstück Illusionen ins Coelicum eingeladen. Der sozialkritische Text stammt vom niederländischen Autor Carl Schlotboom. Er thematisiert das Schicksal des Mädchens Rebecca. Im Elternhaus – die Mutter muss nachts im Krankenhaus arbeiten, der Vater ist arbeitslos und trinkt – fanden Rebecca und ihr Bruder keinen Halt. Häusliche Gewalt und sexuelle Belästigungen von Seiten des Vaters sowie die Überforderung der Mutter trieben die Kinder auf die Straße. Das Beklemmende an dem Stück ist ein tiefes Gefühl der Hilflosigkeit, das auf den Zuschauer überspringt. Vorgefasste Meinungen, Vorurteile verlieren sich schnell. Und wie Horst Mergel, der Leiter der Spielgemeinde betont, ist dies ein Stück weit beabsichtigt. "Es ist ein aktuelles Thema und die Probleme gehen uns alle an", betonte Horst Mergel. Gern sind er und die Seinen bereit, dass Stück anderen vorzustellen, beispielsweise Gemeinden und Schulklassen.
Konkrete Visionen für die Zukunft brachten unter anderem Missio-Referent Diakon Rudolf Höhne aus Mühlhausen und der aus Nordhausen stammende Thomas Bachmann mit nach Erfurt. Zusammen mit der Deutschen Jugendkraft – einem katholischen Sportverband – widmete sich Thomas Bachmann dem Thema gesunde Ernährung, seiner ganz persönlichen Vision. Dabei stellte er die Produkte vom Bio-Rittergut Rittmeyer in Rackwitz vor. Thomas Bachmann betont: "Ich glaube, es ist wichtig, dass ich hier als Gleichaltriger mit anderen Jugendlichen über dieses wichtige Thema ins Gespräch kommen kann." Und Diakon Höhne erinnerte mit einer Missio-Aktion an das Schicksal der rund 300 000 Kindersoldaten weltweit. Missio und andere Hilfswerke wollen hier helfen.
Einige abschließenden Worte formulierte Kaplan Markus Könen aus Dingelstädt. Er erinnerte an die Vision der Neuen Stadt in der Offenbarung des Johannes: Eine Vision, so Kaplan Könen, die von Gottes kommender Welt kündet. Weiter sagte er: "Zeigen wir den Menschen, was uns antreibt. Strahlen wir das Licht von Gottes Vision in die Welt hinein."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.05.2006