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Anstoß

Herausreißen aus der Gleichgültigkeit

Das enge Tor

Pater Damian Meyer

Viele Tageszeitungen brachten die Meldung auf der ersten Seite, und im öffentlichen Fernsehen war es die erste der Nachrichten: Es ist endlich entschieden, wer der Torhüter der Nationalmannschaft während der WM sein wird. Eine weltbewegende Nachricht? Jedenfalls war es eine wichtige Frage für die Nation, die Fußball für die "schönste Nebensache" hält. Den Ball ins gegnerische Tor zu bringen, das ist ja das Ziel des ganzen Unternehmens. Von der Leistung des Torwarts einer Mannschaft hängt ja in der Tat viel ab. Er muss die Fehler und Patzer der Verteidigung ausbaden und wird als Retter in der Not gesehen.

Mich erinnert das an einen, der sich im Johannesevangelium selbst als Tür bezeichnet hat und den wir unseren Retter – "salvator" – nennen: Jesus Christus. Und hier geht es nicht um die "schönste Nebensache", sondern um die alles entscheidende Hauptsache, nämlich um die Frage: Auf wen setzen wir für ein gelingendes Leben für die Gegenwart und Zukunft.? In verschiedenen Bildern oder Vergleichen stellt das Evangelium nach Johannes klar heraus: Jesus ist der echte und gute Hirt und die Tür zu den Schafen. "Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen ... Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden" (Joh 10,7.9).

Das biblische Bild von der "Tür" scheint zunächst sehr beängstigend zu sein, weil vom engen Tor die Rede ist: "Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit, und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn" (Mt 7,13-14). Das entspricht dem anderen von Matthäus überlieferten Wort: "Viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt" (22,14), das heißt, alle Menschen sind von Gott zum ewigen Heil berufen, aber nur wenige werden es erlangen. Ist dieses Wort nicht furchtbar und entmutigend? Steht es nicht im Gegensatz zu Gott, unserem Retter, "der will, dass alle Menschen gerettet werden" (l Tim 2,4)? Vielleicht verstehen wir das Wort vom engen Tor falsch. Es ist in äußerster Zuspitzung als Antithese formuliert. Das deutet daraufhin: Es ist keine Sachaussage, keine Information über das Schicksal der Menschen, sondern es will provozieren, ermahnen und aufwecken.

Der Exeget Norbert Lohfink : "Er (Jesus) will ihnen gerade sagen: Lasst euch nicht vergeblich berufen! Kehrt um und tut alles, damit ihr zu den Auserwählten gehört! Das Wort (Mt 22,14) hat also keinen informativen, sondern prophetischen Charakter, es macht keine statistische Aussage über das Mengenverhältnis der Geretteten zu den Verlorenen, sondern es will die Zuhörer erschüttern und aus ihrer gefährlichen Gleichgültigkeit herausreißen."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 21 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.05.2006

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