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Bistum Dresden-Meißen

Gerechtigkeit ist möglich

Das Projekt "Wirtschaft in Gemeinschaft" entwickelt sich zu einer ökonomischen Alternative

Wirtschaft muss im 'Horizont der Liebe' gestaltet werden. Bischof Joachim Reinelt auf dem Katholikentag. Fotos: Andreas Schuppert Saabrücken. Auf dem Katholikentag stellten sich erstmals Unternehmer der "Wirtschaft in Gemeinschaft" vor, einem Projekt der Fokolar-Bewegung, das christliches Leben mit moderner Ökonomie verbindet.

"Wenn ich am Automaten kein Geld mehr bekomme, ist das nicht mehr lustig", erzählt der schwäbische Immobilienverwalter Thomas Hüttl aus seinem Unternehmerleben. Vor knapp zehn Jahren hat seine Firma eigentlich vor dem Aus gestanden. Der Anstoß, neu über sein Leben nachzudenken, wieder nach Gott zu fragen.

Gottesliebe und Geschwisterlichkeit

In dieser Zeit begegnete er Menschen, die nicht allein nach Gewinn strebten, sondern christliches Leben mit einem freien Unternehmergeist zu verbinden suchten und bereit waren, die ökonomischen Gegensätze weltweit auszugleichen. Von einer breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, hat sich in der "Wirtschaft in Gemeinschaft" ein System entwickelt, das im globalen Spiel der Kräfte das Zeug zu einer echten wirtschaftlichen Alternative hat. Getragen wird das Konzept von der Fokolar-Bewegung. Der Ansatz ist ebenso einfach wie verblüffend und birgt im Kern christlicher Verkündigung im Grunde nichts Neues: Gottesliebe und Geschwisterlichkeit.

In der Gemeinschaft verpflichten sich die Unternehmer zu einem einfachen und verantwortungsvollen Lebensstil. Die Gewinne fließen zum einen in die Unternehmen zurück, um eine Weiterentwicklung des eigenen Betriebes zu ermöglichen und um Arbeitsplätze zu schaffen. Ein anderer Teil wird in Bildungsprojekte und -zentren, Stipendien für bedürftige Studenten, Druckerzeugnisse sowie Gewerbeparks investiert, in denen sich Unternehmen der Wirtschaft in Gemeinschaft ansiedeln. Schließlich werden Firmen, die der Gemeinschaft angehören, in Kristenzeiten unterstützt.

"Dies ist keine Philanthropie oder bloße Umverteilung", erläutert der Schweizer Ökonomieprofessor Luca Crivel, der dem Projekt die theoretischen Grundlagen lieferte. Ziel sei es vielmehr, auf der Basis eines nachhaltigen Wirtschaftens eine "Kultur des Gebens" zu fördern. Durch wirtschaftliche Aktivitäten soll Not überwunden und damit zu einer gerechteren Welt beigetragen werden. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet aber auch, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die von Achtung und gegenseitiger Liebe geprägt ist. "Jeder ist mein Bruder und jede meine Schwester. Das betrifft Angestellte, Kunden, Lieferanten, selbst die Konkurrenz", erklärt die österreichische Wirtschaftswissenschaftlerin Gertrude Pühringer, die ihre Abschlussarbeit über die Wirtschaft in Gemeinschaft geschrieben hat und damit sogar härteste Ökonomen überzeugte.

Auch für Nichtchristen interessant

Für die beteiligten Unternehmer ist dies ein Beitrag zur weltweiten Gerechtigkeit und zur Bekämpfung der Armut, das große Thema des Katholikentages. Über 750 Firmen sind inzwischen weltweit dabei, knapp 70 in Deutschland. Den Anstoß dazu gab die Gründerin der Fokolar-Bewegung, Chiara Lubich, selbst – beim Anblick der "Favelas", der Armutsviertel Brasiliens, die sich wie "Dornenkronen" um die großen Städte legen. Die Gemeinschaft ist nun bestrebt, ihr Konzept auch auf der "Makro-Ebene" zu verwirklichen, indem sie zum Beispiel bei den "G8-"Treffen der führenden Wirtschaftsmächte Workshops anbietet.

Seit etwa zwei Jahren mit dabei ist Paul Färber, der in Halle ein Ingenieurbüro für Elektrotechnik betreibt. "Beeindruckt hat mich vor allem, wie man sein Berufsleben und seinen Glauben miteinander verbindet", sagt Färber. "Das Projekt schafft Gerechtigkeit und kann die weltweite Not überwinden. Deshalb ist es auch für Nichtchristen interessant", ist sich der Unternehmer sicher. Der Dresdner Bischof Joachim Reinelt forderte auf dem Katholikentag eine Gestaltung der Wirtschaft im "Horizont der Liebe". Anders als in totalitären Systemen, sei ein gesunder Wettbewerb nötig, der aber von Achtung und gegenseitigem Respekt getragen werden müsse.



Informationen

www.fokolar-bewegung.de
Paul Färber in Halle
Tel. (03 45) - 2 09 00 50
E-Mail: Paul.Faerber@ib-faerber.de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 22 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 01.06.2006

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