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Bistum Erfurt

"Zuhören ist das Wichtigste"

Ordenstag im Bistum Erfurt zu Seelsorge und Caritas

Begegnungen beim Ordenstag: Generalvikar Jelich mit Ordensschwestern. Foto: Uwe Naumann Erfurt - Über 80 Ordensleute aus dem Bistum Erfurt trafen sich am 31. Mai zu einem Ordenstag, um über das Miteinander von Seelsorge und Caritas zu sprechen.

"Die Bistumsleitung wollte sich etwas Gutes tun", empfing Generalvikar Georg Jelich die 84 Ordensleute mit einem Augenzwinkern. Denn anstatt sich wie bisher auf Wallfahrten zu treffen, hatte Bischof Joachim Wanke die Schwestern und Brüder diesmal in die Bischofsstadt versammelt. Das Wetter hätte für den ersten Ordenstag dieser Art kaum besser sein können: kalt, trüb und regnerisch. Genau richtig, um sich in der wohltemperierten Brunnenkirche in Gesprächsrunden zu vertiefen. Hintergrund sollte das bevorstehende Elisabeth-Jubiläumsjahr 2007 sein, mikt dem der 800. Geburtstag der Heiligen gefeiert wird.

Nach einem Gottesdienst im Dom wurde in der ersten Gesprächsrunde über "das Miteinander von Seelsorge und Caritas" gesprochen. Dabei wurde zunächst über zwei Beispiele langjähriger Hilfsprojekte in Osteuropa informiert. Schwester Mariana Hermann von den Schönstädter Marienschwestern erzählte von ihrer "Aufbauarbeit" im Kaliningrader Gebiet, in dem in kommunistischer Zeit kein Gottesdienst stattfinden durfte. Und Schwester Benedicta Lerch von den Heiligenstädter Schulschwestern berichtete von einem Projekt in der Moldowa- Region im Norden Rumäniens, wo besonders Kindern ein Obdach gegeben wird und die Menschen finanziell, materiell und vor allem geistlich unterstützt werden.

Diese Beispiele dienten einem Podiumsgespräch als Anregung, über das Elisabeth-Jubiläum 2007 nachzudenken und konkrete Hoffnungen zu formulieren. Caritasdirektor Bruno Heller sprach davon, den "Schatz der Werke der Barmherzigkeit in Erinnerung zu rufen", und "dass es uns gelingt, Barmherzigkeit neu zu buchstabieren und zu leben". Bischof Wanke merkte an, dass die praktische Sozialarbeit heute hochspezialisiert und professionalisiert sei. Viele Vorschriften verhinderten die konkrete und spontane Zuwendung. "Das Elisabeth- Jahr könnte helfen, den Anderen wieder in den Blick zu bekommen."

In der zweiten Gesprächsrunde stand berichteten die Ordensschwestern und -brüder über die Situationen, denen sie alltäglich im Krankenhaus, der Suppenküche, der Mission, in der Altenpflege oder im Kloster selbst begegnen. Dabei stellte sich heraus: Egal unter welchen dieser Umstände Seelsorge stattfindet, Zuhören ist das Wichtigste. "Sich Zeit nehmen, um den Menschen zuzuhören", mahnten die Ordensleute an, sei für die Seelsorge von grundlegender Bedeutung, Denn das Ansehen der Menschen werde einfach schon durch Zuhören gesteigert und helfe über Einsamkeit und Probleme hinweg.

Doch wie in der praktischen Arbeit war auch beim Ordenstag die Zeit eher knapp bemessen. Aber weil wichtigen Gesprächen auch einmal etwas mehr Zeit eingeräumt werden sollte, wurde der Zeitplan einfach etwas nach hinten verschoben. So wurde der erste Ordenstag im Bistum Erfurt dem Anliegen, Zeit für Gespräche und zum Zuhören zu haben, gerecht.



Bericht aus Kaliningrad: Ein schwieriger Anfang
Mariana Hermann

Das Kaliningrader Gebiet (ehemals Königsberg) ist eine russische Exklave ohne Verbindung zum russischen Mutterland und liegt an der Ostsee zwischen Polen und Litauen. In der Zeit des Sozialismus sind die Christen dort verfolgt worden. Über 40 Jahre durfte kein Gottesdienst stattfinden. In dem Gebiet arbeiten seit 1992 die Schönstätter Marienschwestern aus Friedrichroda in einer Sozialstation und beim Aufbau einer katholischen Gemeindestruktur. Schwester Mariana Hermann war dort fünf Jahre lang. "Es war eine sehr schwere Aufbauarbeit", sagt die heute 45-jährige Ordensschwester.

"Mit Priestern aus Polen und Litauen fingen wir an, versprengte Katholiken zu sammeln", blickt sie zurück. Ihre Sprachkenntnisse seien damals nicht gut gewesen, weshalb der Kontakt zunächst häufig mit Russlanddeutschen zustande kam, unter ihnen auch Katholiken. Über Katechesen bildeten sich erste kleine katholische Gemeinden und es wurden Gottesdienste gehalten, teilweise unter freiem Himmel.

Mit den Jahren wurden Andachtsräume geschaffen und Kirchen errichtet. Es gibt einen Kinderchor und die Schwestern laden zu kirchlichen Festen ein. "Auch um zu zeigen, wie die Feste überhaupt gefeiert werden", sagt die studierte Theologin.

"Wir zeigen ihnen, wie gebetet wird, helfen bei Alltagsnöten, bei Krankheit im Krankenhaus, leiten die Armenküche oder verteilen Lebensmittelpakete", zählt Schwester Mariana die vielfältigen Arbeiten in der Sozialstation auf.

Eine besondere Freude für die Familien sei aber die pilgernde Gottesmutter, ein Bildnis, das von Familie zu Familie wandert. "In den Familien bekommt Maria immer einen Ehrenplatz", erzählt Schwester Mariana.

Durch all diese Initiativen konnte ein neues Netz von Beziehungen geknüpft werden, das derzeit etwa 180 Familien oder Einzelpersonen umfasst, die auch untereinander Kontakt halten. Schwester Mariana arbeitet indes wieder in Deutschland in der Missionszentrale. Ins Ausland führt sie ihre Arbeit nur noch selten, manchmal zur Jugendarbeit nach Kroatien. Doch sie betont: "Mit Russland ist das überhaupt nicht zu vergleichen." (un)

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 24 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 15.06.2006

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