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Bistum Erfurt

Eine gute Adresse für Menschen mit Behinderung

100 Jahre St. Johannesstift Ershausen

Ershausen - Mit einer Festwoche feierte das St. Johannesstift in Ershausen sein 100-jähriges Bestehen.

"100 Jahre Begleitung von Menschen mit Behinderung" macht als Titel der Festschrift das Anliegen der über die Grenzen des Südeichsfeldes hinaus bekannten Einrichtung deutlich. In der Region hat die Heimstatt für geistig behinderte Erwachsene unter dem Dach der katholischen Kirche einen guten Namen. Noch bis vor einigen Jahren war in der Öffentlichkeit über das Leben der Bewohner aber längst nicht so viel bekannt wie heute. Geschäftsführer Rudolf Stöber spricht von einem gewaltigen Wandel. Inzwischen ist es selbstverständlich, dass in jedem Jahr am dritten Juni-Samstag Bewohner und Besucher das Sommerfest feiern und dass Ende November ein Tag der offenen Tür stattfindet. Dann wird die Einrichtung jedes Mal zu einem Anlaufpunkt für viele Menschen, die sich über die kulturellen Darbietungen der geistig behinderten Frauen und Männer freuen und von den Mitarbeitern Antworten auf ihre Fragen erhalten. Wer einmal erlebt hat, mit wie viel Hingabe die behinderten Menschen musizieren, singen, tanzen, Theater spielen oder sich sportlich betätigen; mit welch unkomplizierter Freundlichkeit sie die Gäste ansprechen, bei der Hand nehmen, aus ihrem Alltag erzählen und ihnen stolz ihr Heim zeigen, fühlt sich von ihnen beschenkt und freut sich auf ein Wiederkommen.

Die 210 Bewohner haben nicht nur eine Bleibe gefunden, wo sie versorgt werden. Vielmehr ist das Johannesstift ihre Heimat, wo alles für ihr erfülltes Leben getan wird. In der Werkstatt für Behinderte, gelegen auf dem großzügigen Areal, sind 165 Menschen tätig. 30 Schwerstbehinderte werden in Fördergruppen betreut, 36 Senioren in der Tagesstätte.

Das Johannesstift selbst ist älter als 100 Jahre. Bereits 1884 gründeten die Geschwister Barbara und Theresia Kalbhenn für die Pfarrgemeinde Ershausen eine Stiftung "zur Einrichtung einer Anstalt zur Pflege armer Kranker (Krankenhaus St. Josef) und zur Einrichtung einer Kinder-Bewahranstalt". 1885 nahmen Krankenhaus und Kindergarten ihre Arbeit auf; die Ordensschwestern, Vinzentinerinnen, kamen aus dem Mutterhaus Paderborn. Sehr bald schon wurde die Idee geboren, "Schwachsinnige", zunächst Kinder, ebenfalls zu betreuen. Die ersten wurden 1906 im neuen Wohnheim aufgenommen. Zum dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts gehört dies: Über 90 Bewohner, vom Sechsjährigen bis zum Erwachsenen, wurden 1938 laut amtlicher Anordnung zwangsweise "verlegt", unter anderem in die Landesheilanstalt Pfafferode / Mühlhausen. Offizielle Begründung der Behörden: Sparsamkeitsgründe, Senkung des Pflegesatzes. Die allermeisten fielen der Euthanasie zum Opfer. Nur bischöfliche Intervention verhinderte weitere Transporte.

1998 wurden im St.-Josefs- Haus Großbartloff 20 neue Wohn heimplätze bezogen. Gegenwärtig wird ein Wohnheim-Neubau mit 24 Plätzen in Dingelstädt geplant. Rudolf Stöber unterstreicht: "Unser St. Johannesstift soll auch zukünftig eine gute Adresse für behinderte Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen sein."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 25 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 22.06.2006

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