Eine Frage der Organisation
Wie der Pfarrgemeinderat in Radebeul seine Arbeit organisiert

Als Werner Stammwitz vor vier Jahren den Vorsitz im Pfarrgemeinderat (PGR) übernahm, knüpfte er daran zwei Bedingungen: Das Gremium sollte beschließen, dass bei den Ratssitzungen nach 22 Uhr kein neuer Tagesordnungspunkt mehr in Angriff genommen werden sollte und dass der Vorsitzende das Recht hat, Redner zu unterbrechen. Beides wurde einstimmig beschlossen. Auch wenn Stammwitz bislang niemandem das Wort abschneiden musste – "es reicht in der Regel ein deutlicher Blick zur Uhr" – hält er die Regelung für äußerst sinnvoll.
Von den Bistumstreffen der PGR-Vositzenden weiß er, dass es nicht nur in Radebeul immer schwieriger wird, Gemeindemitglieder zu finden, die sich für zeitlich nicht überschaubare Aufgaben wie Kirchenchor oder PGR engagieren. "Für einzelne Events finden Sie immer jede Menge Helfer", sagt er. Vor Dauerjobs schreckten hingegen viele zurück. Umso wichtiger sei es, mögliche Frustquellen gleich von vornherein im Blick zu behalten. Wer möchte sich in seiner Freizeit, oftmals nach einem aufreibenden Arbeitstag, schon gern auf Endlos-Diskussionen einlassen? Werner Stammwitz erinnert sich an eine Sitzung in seiner ersten Wahlperiode, die bis halb zwei Uhr in der Nacht dauerte. "Irgendwann ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Ab einer gewissen Uhrzeit findet keine effektive Arbeit mehr statt."
Unerquicklich für PGR-Mitglieder sind vielerorts auch die hohen Forderungen aus der Gemeinde. Pfarrgemeinderäte ärgern sich immer wieder über die Erwartung, sie allein seien dafür zuständig, Ideen und Vorschläge in die Tat umzusetzen. Am Ende stecken sie in der Regel auch die Kritik ein für alles, was nicht wunschgemäß gelaufen ist. Der Radebeuler PGR fällte in der zu Ende gehenden Wahlperiode einen Beschluss, der die Selbstständigkeit und aktive Mitwirkung aller Gemeindemitglieder stärken soll: Wann immer etwas in der Gemeinde organisiert wird, soll fortan nur höchstens ein Vertreter des PGR dabei sein. Das Prinzip laute seither "Kümmere dich selbst, wir unterstützen dich dabei", erläutert Werner Stammwitz.
Dass das gut funktioniere, hänge sicher auch mit dem geringen Durchschnittsalter der Christus- König-Gemeinde zusammen, räumt er ein. Ein Drittel der Gemeindemitglieder sei, bedingt durch die vielen Zuzüge, jünger als 30 Jahre. Letztlich sei die Stärkung von Eigenverantwortlichkeit aber für alle ostdeutschen Diasporagemeinden eine Überlebensfrage, glaubt Stammwitz und verweist auf die Altersstruktur der Priester.
Neuen Pfarrgemeinderatsmitgliedern empfiehlt er, unbedingt an den Tagungen teilzunehmen, die auf Diözesanebene für sie angeboten werden. Er selbst fand diese Tagungen "hoch interessant" und habe insbesondere vom Erfahrungsaustausch mit anderen Gemeinden sehr profitiert: "Es tut immer gut, nicht nur im eigenen Saft zu kochen".
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.08.2006