Die Opfer haben sich gelohnt
Kirchweihjubiläum in Borna

Von bayrischen Bergleuten, die in Deutzen Arbeit gefunden hatten, war die die Gemeinde als Außenstation der Bornaer St.- Joseph-Gemeinde im vorigen Jahrhundert gegründet worden. Zum Kirchenpatron hatten sie den Altöttinger Klosterpförtner Konrad von Parzham erkoren, der in Bayern seinerzeit äußerst populär war. Das Gotteshaus baute die Gemeinde – seit dem Krieg um viele schlesische Flüchtlinge erweitert – mit Holz aus dem Bayrischen Wald und mit sächsischen Steinen. Unter anderem verwendeten sie Baumaterial der kriegszerstörten Leipziger Propsteikirche St. Trinitatis, deren Wiederaufbau die staatlichen Behörden nicht genehmigt hatten.
Für Rainer Lankes, dessen Eltern aus Bayern nach Deutzen kamen, ist es jedesmal eine besondere Freude, wenn er auf dem Weg nach Deutzen schon von weitem das außergewöhnlich große Gotteshaus erblickt. "Die Kathedrale von Borna" nennt er es liebevoll. Auch wenn er zur Zeit des Kirchbaus noch sehr jung war, erinnert er sich doch sehr gut daran, was es für die Deutzener Katholiken bedeutete, endlich ein Zuhause zu haben.
Dass den Katholiken zu unterschiedlichen Zeiten immer wieder heftiger Gegenwind ins Gesicht blies, ruft die Festschrift in Erinnerung, die Erwin Rümenapp zusammengestellt hat. Beispielsweise ist darin zu lesen, dass 1941 ein Gastwirt den bis dahin vermieteten Gottesdienstraum kündigte und dass dem Bornaer Priester verboten wurde, mit dem Auto zu Gottesdiensten in die Außenstationen zu fahren. Alle kirchlichen Veranstaltungen fanden in dieser Zeit in der Stube eines Gemeindemitglieds statt. Da dort nicht so viele Gläubige Platz fanden wie zuvor im Gasthaus, musste sonntags die Zahl der Messen auf zwei erhöht werden. Bei Wind und Wetter kam der Pfarrer in dieser Zeit zu Fuß in die Außenstation.
Der damalige Pfarrer Christian Köhler schrieb in der Pfarrchronik: "All die Opfer, die gerade für Deutzen gebracht wurden, haben sich gelohnt. Viele Familien wurden in ihrem Opfergeist und in ihrer Treue bestärkt."
Auch in der DDR gab es immer wieder Schwierigkeiten. 1958 beispielsweise kündigte der Deutzener Schulleiter den Schulraum für den Religionsunterricht. Eine Reihe von Orten, die zum Einzugsgebiet der Gemeinde gehörten, mussten im Laufe der Zeit der Braunkohle weichen, auch der alte Deutzener Ortskern mitsamt der evangelischen Kirche wurde in den 60er Jahren weggebaggert. Seit dieser Zeit erfahren die evangelischen Christen bei größeren Gemeindeveranstaltungen Gastfreundschaft in der katholischen St.-Konrad-Kirche.
Auch wenn die Schar der Deutzener Gläubigen klein geworden ist, ist die St.-Konrad-Kirche als größtes Gotteshaus im Pfarrgebiet mitsamt ihrem großzügigen Außengelände doch nach wie vor belebt. Zum Beispiel finden hier regelmäßig katholische Jugendzeltlager statt. Beim Kirchjubiläum brachten sich nicht nur die Deutzener, sondern Gemeindemitglieder aus der gesamten Bornaer Pfarrei und aller Außenstationen ein. "Wir sind hier schon einige Schritte auf dem Weg des Zusammenwachsens gegangen", sagt der Bornaer Pfarrer Waldemar Styra.
Einer dieser Schritte war zum Beispiel das ökumenische Projekt "Neu anfangen", bei dem Christen der Region das Gespräch über den Glauben suchten – miteinander und mit aufgeschlossenen Bürgern ohne Bezug zur Kirche. Prälat Bernhard Rachwalski aus Leipzig ermutigte die Gemeinde in seinem Festvortrag, weiter in dieser Richtung aktiv zu sein. Es werde für Katholiken in der ostdeutschen Diaspora immer wichtiger, Hemmschwellen zu überwinden und auf die Mitbürger zuzugehen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 15.09.2006