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Bistum Magdeburg

Glaube in der modernen Welt

Akademikertag in Magdeburg

Wirtschaftsminister Haseloff bei seinem Vortrag. Foto: Dieter Müller Magdeburg - Der Akademikertag in diesem Jahr in Magdeburg – das war Begegnung, Eucharistiefeier, Besuch der Ausstellung "Heiliges Römisches Reich" mit Einführung durch Pfarrer Peter Zülicke, Besuch der romanischen Kirche Zeddenick und das große Angebot geistiger Nahrung.

Referenten des Akademikertages waren in diesem Jahr der Theologe und Philosoph Klaus Müller aus Münster und Dr. Reiner Haseloff, Wirtschaftsminister in Sachsen- Anhalt.

Vernunft und Glaube gehören zusammen, betonte Klaus Müller in seinem Referat. Theologie richtet den Blick auf das Ganze und versucht, der Forderung des Petrus gerecht zu werden "Seid bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach eurer Hoffnung fragt!" Dafür nutzt Theologie das Denken und leistet einen wichtigen Dienst auch für "religiös Unmusikalische". Denn viele erkennen, dass die Spaßgesellschaft nicht genügt und letztlich die Frage aufsteigt: Was soll mein Leben?

Glaube ist Vertrauen in das Zeugnis anderer

Glaube ist Vertrauen in das Zeugnis anderer, so Müller. Auch Vertrauen zwischen Menschen muss ja geglaubt werden. Sämtliches Wissen gründet auf Vertrauen. Jede Wissenschaft beginnt mit Annahmen, die nicht weiter begründbar, aber vernünftig sind. Christliche Botschaft weiß, Gott ist Logos, seine Vernunft spiegelt sich in der Welt und Gott hat uns den Verstand gegeben, um das zu erkennen. Fundamentalismus dagegen arbeitet ohne gute Gründe, ist dogmatisch streng, im Grunde unsicher, aber sehr "marktgängig" mit seinem Angebot. Er schafft "klare Verhältnisse" und bietet Heimat in einer unsicheren Welt.

Davon grenzt sich nach Müllers Worten katholische Kirche ab, ebenso auch vom Relativismus, für den alles gleichgültig ist. Die katholische Kirche respektiert die Meinung anderer, nennt aber ihre Sicht deutlich und bieten sie an.

Müller lenkte den Blick auch auf die globalisierte Welt, in der verbindliche Werte schwinden, ablesbar an Abtreibung und Euthanasie. Christen setzen die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und die Menschwerdung Gottes dagegen.

In welche Zukunft gehen Glaube und Kirche angesichts der Globalisierung? Drohen religiöse Kriege? Liegt nicht Gewaltpotenzial im Pochen auf unbedingte Wahrheit und deren Durchsetzung? Was sagt Theologie hierzu? Diese Fragen sind noch nicht allgemein bewusst. Der geografische Schwerpunkt des Christentums hat sich auf die Südhalbkugel verlagert, während sich Europa entchristlicht. Was glaubt man im Süden? Es herrscht Wunderglaube. Vorchristliches steigt wieder auf wie Ahnenkult, Hexerei und Geisterbeschwörung. Jesus passt ins Bild als Urahn, der zwischen dem unbegreiflichen Gott und den Menschen vermittelt. Sakramente werden oft magisch aufgefasst, die Bibel wörtlich. Europa und Nordamerika gelten als dekadent.

Was kann helfen? Müller erinnert an Paulus, der schreibt: "Er (Christus) entäußerte sich ..." Das heißt, Gott verzichtet auf die Macht und macht sich ganz klein für die Menschen. Gott sagt: "Ich liebe dich. Ich will, dass du bist. Ich lasse Raum für Verschiedenes." Darauf ließe sich weltweiter Dialog gründen.

Wirtschaft und Zusammenleben

Wirtschaftsminister Haseloff sprach über "Die Mechanismen der Wirtschaft in ihrer Auswirkung auf das menschliche Zusammenleben" mit besonderem Blick auf die Entwicklung in Osteuropa. Lebendig brachte der Minister sein Anliegen nahe und wurde sehr deutlich bei der Korrektur mancher Fehleinschätzung. Es gilt: Wirtschaftspolitik dient der Existenzsicherung des Lebens der Menschen. In der heutigen Welt dominiert eine Leitkultur, die die Spielregeln für die Wirtschaft moderner Staaten festlegt, aber auch in anderen Kulturkreisen als Hintergrund präsent ist. Wer sich den Regeln öffnet, hat Vorteile.

Nur offene demokratische Strukturen lassen Wirtschaft gedeihen. Wirtschaft braucht Freiheitsräume, in denen Unternehmer wirken können, um den abhängig Beschäftigten eine Existenzgrundlage zu bieten. Eine letztlich kleine Menschengruppe garantiert das Leben.

Lösung ist nur eine selbsttragende Wirtschaft

Die Menschen versündigen sich – schon seit langem – an künftigen Generationen. Die Verschuldung steigt weiter, weil Zahlungen durch Gesetz geregelt sind. Realistisch finanziert würde bei der Rente ein Drittel fehlen, der Krankenkassenbeitrag läge im Osten bei 32 Prozent und das Arbeitslosengeld ist nur zu 20 Prozent selbst erwirtschaftet. Fehlendes kommt über Transferleistungen aus den alten Bundesländern. Hier wird eine gewaltige Solidarität praktiziert. Wann endet aber diese Schulden-Sünde? Die Lösung kann nur eine selbsttragende Wirtschaft bringen.

Der Blick nach Osteuropa zeigt zunächst ähnliche Probleme, dann aber doch anderes, so Haseloff: Die Osteuropäer bereiten sich mit Fleiß auf das Jahr 2011 vor, die Öffnung der Arbeitsmärkte. Sie lernen Sprachen und mühen sich um gute Berufsausbildungen. Die jungen Leute in Deutschland werden da nur bestehen, wenn sie ebenso motiviert und qualifiziert sind. Fremde werden kommen. Die Deutschen sollen sich nicht gegen sie stellen, sondern sie vielmehr als Mitbürger willkommen heißen, auch in den Kirchgemeinden! Ohne sie wäre – beispielsweise – vielleicht später keiner da, der den Menschen im Altersheim die Stirn abtupft.

Gutes menschliches Zusammenleben braucht Rückbesinnung auf die Wurzeln. Ökonomie allein genügt nicht, so Haseloff. Die Religionen müssen sich einbringen mit ihren Erfahrungen. Ziel soll der freie Mensch mit klarer Wertebasis sein. Andere Kulturen sind anzuerkennen. Abstriche sind unumgänglich, damit unser Globus nicht auseinanderbricht.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 40 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.10.2006

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