Klare Worte, moderate Töne
Neue Gesetze für Sachsen – Der Leiter des Katholischen Büros bringt Positionen der Kirche zu G
"Wir haben fromme Regierungen, aber eine wenig fromme Bevölkerung." Diese Einschätzung des Magdeburger evangelischen Bischofs Axel Noack zur kirchlichen Situation in Ostdeutschland gilt auch für Sachsen. Christoph Pötzsch weiß, was er an der prinzipiellen Kirchenfreundlichkeit der meisten Regierungsmitglieder hat und schlägt daher in Verhandlungen lieber moderate Töne an.
Im Fall des in die Länderzuständigkeit verwiesenen Ladenschlussgesetzes beispielsweise sieht er seine Gegner eindeutig nicht auf der Regierungsbank, sondern unter den Wirtschaftslobbyisten. Handelsketten und -kammern plädieren ebenso wie der Tourismusverband vielfach für den verkaufsoffenen Sonntag und finden damit wachsenden Rückhalt in der Bevölkerung. Christoph Pötzsch zitiert im Gespräch mit Lobbyisten und Politikern gerne aus dem Grundgesetz Der Sonntag wird dort als "Tag der seelischen Erhebung" für schützenswert erklärt – ein Begriff, der seine Gesprächspartner meist zunächst belustigt. "Treffender kann man aber kaum ausdrücken, dass es um weit mehr geht als nur um Erholung", findet der Leiter des Katholischen Büros. Bei manchem wandle sich die Belustigung schnell in Nachdenklichkeit, wenn er ihn auf den täglichen Alltagsstress anspreche und dabei auch die Frage stelle, wo die Seele bleibt. Für das Ladenschlussgesetz deutet im Moment alles darauf hin, dass sich die Befürworter von mehr verkaufsoffenen Sonntagen in Sachsen nicht politisch durchsetzen werden.
Noch offen ist hingegen die künftige Finanzausstattung der Schulen in freier Trägerschaft. Christoph Pötzsch ist besorgt darüber, dass der Entwurf des neuen Haushaltsbegleitgesetzes drastische finanzielle Einschnitte beinhaltet. "Tritt dieses ungeändert in Kraft, so stehen Berufsfachschulen wie die der Caritas in kurzer Zeit vor dem Aus", stellt Pötzsch fest, der das gemeinsam mit Vertretern der anderen freien Schulträger auch der Regierung klarzumachen versucht.
Wie viel Geld die freien Träger fortan für ihre Schulen bekommen, wird nun verhandelt. Der Ausgang ist offen. Die Kirche habe das Signal erhalten, dass die Regierung ihre Schulen schätzt. Klar ist allen Verhandlungspartnern aber auch, dass die Kassenlage des Freistaats nur geringe Spielräume lässt.
Ein Thema, dass Christoph Pötzsch persönlich besonders am Herzen liegt, ist das Friedhofsrecht. In der politischen Diskussion wird seiner Beobachtung nach deutlich, dass Teile der Bevölkerung den Bezug zur Friedhofskultur verloren haben. Beispielsweise verzichte mancher auf eine Grabstätte mit der Begründung, seinen Angehörigen nicht zur Last fallen zu wollen. Gerade damit lege er den Hinterbliebenen aber eine Last auf. Er enthalte ihnen einen Ort für ihre Trauer vor, findet der Autor mehrerer Bücher über Dresdner Friedhöfe.
Um die Anliegen der Kirche deutlich zu machen, wählte er in den anderthalb Jahren, die er das Katholische Büro leitet, mitunter auch unkonventionelle Wege. Beispielsweise lud er die Mitglieder einer Fraktion, die sich für eine weitgehende Abschaffung bestehender Bestattungsregeln einsetzte, zu einer exklusiven Friedhofsführung ein. Eine Methode, die nicht nur unterhaltsamer, sondern wohl auch wirksamer ist als mahnende Worte, die die meisten in erster Linie von einem Kirchenvertreter erwarten.
Er setzt auf den persönlichen Kontakt zu den Politikern, und hat dabei keine Berührungsängste, selbst bei PDS-Politikern nicht. Die schätzen seine Geradlinigkeit. Dem einen oder anderen hat er schon gesagt: "Als Mensch mag ich Sie, mit Ihrer Partei habe ich aber meine Probleme."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 23.10.2006