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Bistum Dresden-Meißen

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Katholischer Kaplan als Praktikant beim evangelischen Klinikseelsorger

Voneinander lernen: Kaplan Christian Bock als Praktikant bei dem evangelischen Krankenhausseelsorger Hermann Rose. Foto: Karsten Schaarschmidt Greiz - In der Regel gehen evangelische und katholische Kiche in der Krankenhausseelsorge getrennte Wege. In Greiz hat der katholische Kaplan Christian Bock nun drei Monate lang den evangelischen Krankenhausseelsorger Pfarrer Hermann Rose als Praktikant begleitet.

"Ich bin überrascht und stolz, dass es so gut gelungen ist, ökumenisch mit und für die Patienten zu arbeiten", sagt Hermann Rose, der seit acht Jahren neben seiner Arbeit als Gemeindepfarrer in der Krankenhausseelsorge tätig ist. Verblüfft sei er schon gewesen, als der Kaplan der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde Greiz ihm sein Anliegen vortrug. Die anfängliche Skepsis allerdings hätte sich rasch zerschlagen. Zwar sei eine gemeinsame Seelsorgearbeit nicht in jedem Fall optimal, aber schließlich sei es ja auch möglich, sich in bestimmten Situationen zu trennen.

Für den Greizer Kaplan war die Arbeit in einem Krankenhaus kein gänzliches Neuland. Regelmäßig habe er in seiner Zeit als Kaplan in der thüringischen Vogtlandstadt die katholischen Gemeindemitglieder in der Klinik besucht. Dank des Praktikums im Rahmen seines pastoralpraktischen Jahres nach der Priesterweihe habe er aber Einblicke in den Betriebsablauf eines Krankenhauses erhalten. Das Krankenhaus sei jetzt für ihn kein Fremdkörper mehr. Zehn Stunden pro Woche waren die Theologen auf den Stationen unterwegs. Sie sprachen mit Patienten, Angehörigen und dem Personal. Das trotz Krankheiten quirlige Leben auf der Kinderstation begeisterte Bock. Zutiefst bewegt hat ihn demgegenüber das Sterben eines 50-jährigen Familienvaters und die Trauer der Angehörigen. "Die Verzweiflung, die Ängste und letztlich auch die Frage nach Gott, die in dieser christlich nicht gebundenen Familie gestellt wurde, das ging mir sehr nahe", erinnert sich der Kaplan. Das Krankenhaus sei nun einmal ein Ort, an dem Leben und Tod eine unglaubliche Nähe zueinander hätten.

Fakt ist, "der Dienst lässt sich nicht ohne empathisches Mitgefühl erfüllen", sagt Bock. Ein gesunder, angelernter Abstand dürfe aber ebenso wenig fehlen, damit die Emotionalität die Arbeit nicht lähme, ist Rose überzeugt, der dankbar ist für die Unterstützung des Praktikums durch das Greizer Kreiskrankenhaus. Die Gespräche zwischen den Theologen waren nicht minder bedeutend. Keine Kritik in der üblichen Form, sondern vielmehr das Hinterfragen und Weiterdenken dessen, was in der Seelsorge mit dem Patienten gesprochen wurde, stand im Mittelpunkt.

Und die unterschiedliche Konfession und Ausbildung der Theologen? "Am Krankenbett ist die Konfession Nebensache, strittige theologische Fragen ohnehin", sagt Rose. Oft würden die Patienten sagen, wir haben doch sowieso nur einen Gott. Den Menschen – auch Nichtchristen – Zuspruch, Hilfe und Zuversicht aus dem Evangelium zu geben, das sei Sinn und Ziel, so Rose.

Viele gemeinsame Gebetsformen hätten sie in der Zeit des Praktikums gefunden, alle zwei Wochen gemeinsam einen Gottesdienst gefeiert, Fürbitten für die Patienten gebetet. Abendmahl und Beichte allerdings blieben Tabu.

Trotzdem oder gerade deswegen glaubt Bock, dass "unser Beispiel das Bewusstsein über die schmerzliche Trennung der Christenheit schärft und zugleich provoziert, daran zu arbeiten, dass die Kirchen wieder zusammenwachsen". Und warum sollten nicht Diakonie und Caritas weitere gemeinsame Arbeitsfelder finden, hofft der Kaplan auf die Zukunft.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 01.11.2006

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