Aus der Region
Dialog mit Kirchenfernen
Zehn Jahre "Zwochauer Gespräche"
Zwochau - Seit zehn Jahren gibt es die "Zwochauer Gespräche". Die Fokolarbewegung lädt Christen und Nichtchristen zu einem Novemberwochenende des Dialogs ein. Zu den Initiatoren gehört Pfarrer Paul Christian, der seit kurzem als Ruheständler in Zwochau lebt.
Infos
Aus welcher Motivation heraus treffen Sie sich regelmäßig mit Menschen, die keine religiöse Bindung haben?
- Das Gebet Jesu "... Dass alle eins seien..." aus dem Johannes-Evangelium ist uns Fokolaren besonders wichtig. Darin liegt auch unsere Motivation, mit Nichtchristen und Kirchenfernen in Dialog zu treten. Gottes Geist wirkt hierzulande doch nicht nur in den nicht einmal 20 Prozent Christen. Wir sind gerufen, die Welt gemeinsam mit den anderen zu gestalten. Dafür müssen wir zueinander fi nden.
Und wo bleibt da der christliche Missionsauftrag?
- Unsere Erfahrung ist, dass unsere Dialogpartner äußerst empfi ndlich reagieren, wenn sie Missionierungsabsichten wittern oder wenn sie spüren, dass wir Christen uns überlegen fühlen. Auch wenn uns Priestern das nicht immer leicht fällt: Wir bemühen uns, Türen zu öffnen, jeden so zu verstehen und anzunehmen, wie er ist, mit seiner Biografi e und seinen Überzeugungen. Natürlich formulieren wir klar unsere eigenen Standpunkte und sind zugleich offen für das, was Gott in jedem Einzelnen wirken will. Tatsache ist, dass Menschen heutzutage nur aus einer tief empfundenen Freiheit heraus zum Glauben fi nden.
Welches Interesse verfolgen die Nichtchristen, die sich auf den Dialog mit Ihnen einlassen?
- Fast alle kommen aufgrund einer persönlichen Beziehung mit einem Christen, angezogen von einer als offen und familiär empfundenen Gesprächsatmosphäre. Motivierend ist für viele die Erfahrung, sich von Christen zutiefst verstanden gefühlt zu haben. Sie beginnen, sich ihrerseits tiefer für uns zu interessieren. Immer wieder sind es auch die gemeinsamen Anliegen, die uns zueinander führen, beispielsweise die gemeinsame Sorge um Jugendliche. Der Kontakt eines atheistischen Lehrers zu uns etwa begann mit einer Kritik: "Die Bemühungen des sozialistischen Staates um die Jugendlichen sind weggefallen. Warum tut ihr Christen nicht mehr für die Jugendlichen?"
Inwiefern profitieren Sie als Christ von dem Dialog?
- Ich empfi nde den Dialog und die Freundschaften, die daraus erwachsen sind, als große Bereicherung, als Erweiterung meines Horizontes. Kirchenferne hatte ich – wie wir alle – schon immer um mich herum. Und doch war das eine Welt, die mir oft fern blieb. Es braucht Übung, um die Positionen der anderen zu respektieren, ihre Sprache zu verstehen. Es tut gut, eigene Standpunkte immer wieder ehrlich zu refl ektieren. Ermutigend ist es auch zu erleben, mit welchem Elan und Durchhaltevermögen sich manche Nichtchristen für positive Werte engagieren. Auf beiden Seiten sind Hemmschwellen abgebaut worden. Ein kirchenferner Schulleiter etwa führt jetzt mit seinen Schülern regelmäßig Konzerte in einer Kirche durch. Ich fand es hilfreich, Kontakt zu einigen ehemaligen Parteigenossen zu fi nden. Zu hören, wie sie nach Wahrheit gesucht haben und worunter sie gelitten haben, war manchmal überraschend.
- Wir haben in den zurückliegenden zehn Jahren manches aus Fehlern gelernt und werden das mit Geduld und langem Atem wohl auch weiter tun. Es geht uns um den Austausch von Erfahrungen zu Themen, die sowohl Christen als auch Kirchenferne bewegen, bei denen wir gleichberechtigt sind und gleichermaßen lernwillig. Am kommenden Wochenende geht es beispielsweise um den Wert von Schmerz und Leid im Leben des Menschen. Unter den vier Referenten sind in diesem Jahr drei Nichtchristen, darunter der Schriftsteller Werner Heiduczek, der aus seinem Kinderbuch "Das verschenkte Weinen" lesen wird. Ein anderer der Referenten hat schon einmal gesagt: "Zu euch komme ich nicht mehr. Ich habe immer den Eindruck, ihr meint, mir etwas beibringen zu müssen."
Interview: Dorothee Wanzek
Infos
Die nächsten Zwochauer Gespräche finden vom 17. bis 18. November im Zwochauer Fokolarzentrum, Hallesche Straße 38, statt. Anmeldung: Tel. (03 42 07) 7 37 86, E-Mail cmzwochau@t-online.de
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 56. Jahrgangs (im Jahr 2006).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 09.11.2006
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 09.11.2006