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1966: Hilfe zur Meinungsbildung

Damals... (11)

In mehreren Ausgaben beschäftigte sich der Tag des Herrn Anfang 1966 mit dem "Fall Hochhuth". Sein Stück "Der Stellvertreter" war in der DDR als Buch erschienen und sollte demnächst auch im Theater zu sehen sein. Mit den Beiträgen -von einem Theaterkritiker, einem Profanhistoriker, einem evangelischen Christen und einem katholischen Theologen - gab die Redaktion Argumente für eine sachliche Diskussion. Unter anderem hieß es: Worum es im Wesentlichen geht, ist den meisten bekannt: das Schweigen des Papstes Pius XII. zu der Massenvernichtung der Juden durch das NS-Regime. Das Schweigen ist für Rolf Hochhuth ein Verbrechen gewesen. Die Leidenschaftlichkeit der Auseinandersetzung ist aber nicht nur dadurch hervorgerufen worden, dass die Gestalt Pius XII. so in den Mittelpunkt trat, entweder in schonungsloser Anklage oder in eilfertiger Verteidigung, sondern auch dadurch, dass es hier um Ereignisse von so schrecklichem Ausmaß satanischer Entfesselung geht, die eine kühl abwägende Beurteilung unmöglich machen. Nicht nur der Papst steht vor dem Gericht Hochhuths, sondern das Böse überhaupt, die Millionen anderen Schweigenden, die Christen insbesondere, die meisten Deutschen ... Die ganze mit dem Stück aufgeworfene Problematik lässt sich heute weder übersehen noch einigermaßen zufriedenstellend lösen. Allgemein-zeitgeschichtliche, kirchenpolitische, moraltheologische Probleme greifen ineinander und müssen je einzeln verfolgt und geklärt werden. Aus größerem zeitlichen Abstand wird man sachgerechter über die Frage, über die Rolle der Kirche gegenüber dem NS-Staat, über die Haltung Pius XII. urteilen können. Soviel kann mit Sicherheit gesagt werden, dass das heute noch nicht in vollem Umfang möglich ist.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 35 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 31.08.2001

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