Eine Weihnachtskrippe schafft Gemeinschaft
Die Krippenbauer von Meerane
Gerhard Kratzmann gehört zu den "Krippenbauern" der ersten Stunde, die sich bald nach Kriegsende in der katholischen Gemeinde zusammenfanden. Den Vertriebenen aus Schlesien und dem Sudetenland, die damals einen großen Teil der Gemeinde stellten, half ihre Krippentradition, mit dem Herzen in der neuen Heimat anzukommen. Manchem waren Weihnachtskrippen so wichtig, dass er sein heimisches Exemplar sogar unter die wenigen Habseligkeiten gepackt hatte, die er von Zuhause mitnehmen konnte. Gerhard Kratzmann hat miterlebt, wie für die Gemeinde die ersten Krippenfi guren angeschafft wurden, die bis heute aufgebaut werden, Gussfi guren einer Thüringer Firma, deren Namen in Meerane niemand mehr im Gedächtnis hat. Zu Zeiten des krippenbegeisterten Jesuitenpaters Berthold Haußmann (1954 bis 1978) wuchs die Krippe der Marien-Gemeinde immer mehr an und umschloss schließlich sogar den gesamten rückwärtigen Altarraum, erinnert sich der dienstälteste Meeraner Krippenbauer. Sogar Jerusalem und österreichische Gebirgslandschaften gehörten damals zum Panorama, und es brauchte mehrere Tage, bis alles fertig aufgebaut war.
Nach Pfarrer Haußmanns Weggang wurde die Krippe allmählich wieder auf bescheidenere Ausmaße reduziert, erzählt Gerhard Kratzmann. Die liebevoll gestalteten Details gehören aber bis heute dazu. Wie sehr er diese individuelle Gestaltung schätzt, wurde ihm kürzlich so richtig bewusst, als ihn die achtlose Gestaltung der Krippe eines süddeutschen Domes ins Auge fiel.
Ein knappes Dutzend Männer gehören heute zu den Meeraner Krippenbauern, und Gerhard Kratzmann freut sich, dass auch jüngere dazugestoßen sind. Die meisten seiner Mitstreiter haben wie er selbst längst das Rentenalter erreicht. Bevor es einige Tage vor Weihnachten losgeht, ist bereits jedem klar, was seine Aufgabe sein wird. Drei Männer kümmern sich um den Christbaum, die anderen sind mit der Krippenlandschaft beschäftigt, holen frisches Moos aus dem Wald, installieren die elektrischen Anlagen für kleine Hirtenfeuer und die Krippenbeleuchtung oder halten Figuren, Stall und Zäune instand..
Andreas Kuhn gehört zu den Jüngeren im Meeraner Krippenteam. Sein Job ist es, schadhafte Figuren mit Pappmaché wieder in Form zu bringen. Nicht immer gibt es Folgen so dramatischer Zwischenfälle zu beheben wie der Absturz des Engels vor drei Jahren. Oft sind es nur kleinere Stoßspuren, die sich beim Einund Auspacken nie ganz vermeiden lassen. In diesem Jahr war vor allem der Esel behandlungsbedürftig. Andreas Kuhn hat noch gut im Gedächtnis, mit welcher Ehrfurcht der Krippenbau in seiner Ministrantenzeit in den 60er Jahren vonstatten ging. "Als Ministrant durfte ich damals allerhöchstens mal einen Karton mit Moos reichen", erzählt er.
Für den langjährigen Krippenbauer Arnold Teubner ist das Wichtigste die Gemeinschaft mit den anderen Männern. "Gemeinsam etwas aufzubauen, hat uns zusammengeführt", sagt er. Auch wenn es durchaus Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen gebe, bleibe am Ende doch das Gefühl, miteinander etwas Schönes geschaffen zu haben. Nicht nur zur Krippensaison treffen sich die Männer, sie sind auch sonst zur Stelle, wenn in der Gemeinde Hände zum Zupacken gebraucht werden, beim Laubharken und Schneeschippen etwa, und hin und wieder unternehmen sie gemeinsam etwas. "Auch wenn die Kräfte nachlassen, ist man in der Gemeinschaft der Krippenbauer immer gerne gesehen", freut sich Arnold Teubner.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 01.01.2007