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Aus der Region

Langzeitarbeitslose und Hartz IV

Meinungen



Hartz IV verbessern
Pater Dr. Clemens Dölken

Hilft Hartz IV, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen? Wird Hartz IV den Menschen gerecht? – Die erste ist eine Tatsachenfrage, die zweite eine sozialethische. Die Antwort lautet jeweils: Vermutlich nur zum Teil – aber gibt es eine echte Alternative? Das beste Rezept könnte sein, Hartz IV zu verbessern!

Die einschneidendste Änderung der Agenda Gerhard Schröders war, nur einen bedingten Anspruch auf Hilfe durch den Staat festzuschreiben. Die Formel "Fördern und Fordern" sollte bewirken, dass jedem Hilfebedürftigen nicht nur mit Geldzahlungen geholfen, sondern er auch wieder zu Einkommen aus eigener Arbeit kommen sollte. "Hilfe zur Selbsthilfe" – das entspricht dem Subsidiaritäts-Prinzip der katholischen Soziallehre.

Zwei Fragen tauchen dabei auf. Die erste ist unrealistisch: Was geschieht, wenn jemand nicht arbeiten will, aber auf sein Recht auf Ernährung pocht? – Wer nur ein Butterbrot möchte, wird dies bekommen – vom Sozialamt zum Beispiel einen reinen Lebensmittelgutschein. Wer in Urlaub fahren möchte, darf keine Arbeit ablehnen. Ein Jugendlicher mit knurrendem Magen wird seine Lehrstelle antreten – wenn er denn eine hat!

Zur zweiten Frage: Was ist mit denen, die keine Arbeit finden, obwohl sie wollen? Hartz IV zielt darauf, Arbeitsunwillige auszusortieren. Damit entstehen noch keine neuen Arbeitsplätze. Hartz IV muss so umgebaut werden, dass die 1-Euro- Jobs nicht nur vom Staat bezahlt werden, sondern auch Private diese nutzen können, dafür aber auch bezahlen. Dann kommt mehr Geld in die Kasse, dann entstehen auch neue Jobs.

Pater Dr. Clemens Dölken O.Praem., Magdeburg



Keine Kürzung mehr
Matthias Ullrich,

Die in unserem Land herrschende Arbeitslosigkeit führt besonders bei Jugendlichen zu einer erheblichen Perspektivlosigkeit. Gerade Jugendliche ohne oder mit schlechter Ausbildung haben es sehr schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Bereiche, in denen diese Gruppe früher Betätigungsmöglichkeiten fand, etwa auf dem Bau oder als Hilfskräfte in Fabriken, sind vielfach weggefallen. Die Erkenntnis, dass Arbeitswilligkeit allein nicht mehr reicht, um durch Arbeit den Unterhalt zu verdienen, führt zu Frustration. Das Gefühl, in der Wirtschaftsgesellschaft überflüssig zu sein, führt zum Motivationsverlust. Die Caritas auf Gut Glüsig bei Haldensleben leistet hier wertvolle Arbeit, um zu verhindern, dass sich die Betroffenen apathisch in die soziale Hängematte fallen lassen und darin einrichten. Diese Arbeit braucht jedoch gerade angesichts der Tatsache, dass nicht selten auch die Eltern von Arbeitslosigkeit betroffen sind, einen langen Atem.

Das Kernproblem jedoch besteht nicht in der Motivationslosigkeit der Jugendlichen, sondern in der Arbeitslosigkeit in unserem Land. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geben den Jugendlichen keine Chance zu arbeiten. Auch eine immer wieder geforderte Leistungskürzung kann daran nichts ändern. Ein Betrag von 345 Euro Hartz IV im Monat verlangt erhebliche Entbehrungen. Wer weitere Leistungskürzungen fordert, muss sich überlegen, ob er die Empfänger nicht gerade dadurch in Schwarzarbeit oder andere kriminelle Einkommenserzielung drängt. Entgegen einer oftmals zu hörenden Ansicht kommen die meisten Hartz IV-Empfänger mit ihrer Unterstützung nicht aus. Dies wird an der zunehmenden Verschuldung der Privathaushalte deutlich. Für die Katholische Arbeitnehmer- Bewegung sind deshalb weitere Kürzungen bei Hartz IV nicht akzeptabel, da andernfalls für die Empfänger eine Existenz in Würde nicht möglich ist.

Matthias Ullrich, Vorsitzender des KAB-Diözesanverbandes Magdeburg

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 12.01.2007

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