Bistum Dresden-Meißen
Bedeutung der Kirchen steigt
Interview mit Sachsens Ministerpräsident Milbradt
Leipzig - "Mit Werten in Führung gehen" war das Motto des Kongresses Christlicher Führungskräfte vom 18. bis 20. Januar in Leipzig. Der sächsiche Ministerpräsident, Professor Georg Milbradt war unter anderem mit einem Eröffnungs- Grußwort präsent.
Sie haben sich als Politiker wiederholt öffentlich zu christlichen Werten und zu Ihren eigenen katholischen Wurzeln bekannt. Wo fühlen sie sich in dieser Hinsicht besonders herausgefordert?
Werte halten unsere Gesellschaft zusammen; christliche Werte sind eine gute Basis, nicht nur für die Menschen, die den christlichen Glauben leben. Der Staat ist wertneutral und kann Werte nicht selbst schaffen, sondern ist dabei auf engagierte Bürger angewiesen.
Christen sind in Sachsen eine Minderheit. Da kann es schon überraschen, wie häufig Politiker Ihrer Partei Bezug auf das Christentum nehmen. Das Schulgesetz beispielsweise nennt christliche Werte klar als Bildungsgrundlage. Taugen christliche Werte hierzulande überhaupt als Konsensebene?
Der häufige Bezug auf das Christliche ist aus der Geschichte heraus zu verstehen. Ein großer Teil der politischen Verantwortungsträger im Land ist ja aus der friedlichen Revolution 1989/90 hervorgegangen und wollte bewusst ein Gegengewicht setzen zu dem, was der atheistische Staat vorher getan hat. Daraus folgte dann beispielsweise das politische Engagement für den Religionsunterricht, für freie und in erheblichem Maße für christliche Schulen. Und es ist konsequent, dass wir in der CDU deutlich sagen, wo wir stehen. Man muss aber auch hinzufügen, dass politische Parteien nicht der verlängerte Arm der Kirchen sein dürfen und dass wir unsere Ideen in einer Breite vermitteln, die es auch Nichtgläubigen, die mit unseren Zielen einig sind, ermöglichen, sich zu engagieren.
Ich möchte noch einmal auf das Schulgesetz zurückkommen. Bekommen Sie da nicht Widerstände zu spüren von Nichtchristen, die sich vereinnahmt fühlen?
Es ging ja darum, deutlich zu machen, dass das, was oft als humanistische Werte verstanden wird, eine christliche Wurzel hat. Um einen Ausschließlichkeitsanspruch ging es keinesfalls. Unsere Gesellschaft beruht auf den christlich-jüdischen Wurzeln, der griechisch-römischen Antike und der Aufklärung. Toleranz gegenüber Andersdenkenden spielt eine wichtige Rolle. Ich hoffe, dass ein Großteil der Bevölkerung das auch so verstanden hat.
Spielte Ihr Christsein eine Rolle für Ihre persönliche Entscheidung, Politiker zu werden?
Nein. Ich erlebte als Student die Unruhen von 1968 mit. Die Ablehnung dessen war für mich die Motivation, mich politisch zu engagieren. Mein politischer Weg wurde durch eine Reihe von Zufällen bestimmt.
Gab es für Sie Erlebnisse, die das Bewusstsein für Wesentliches schärften?
Das sind ja wohl in der Regel Schicksalsschläge. Von denen bin ich zum Glück, bis auf einen Fall bisher verschont geblieben. Ich denke, in dieser Beziehung geht es mir wie jedem anderen Menschen auch.
Als Führungskraft ist man vermutlich stärker als die übrige Bevölkerung unterschiedlichsten Versuchungen ausgesetzt, die dem selbst gewählten Wertekanon entgegenstehen. Wo finden Sie Kraft und Unterstützung, sich selbst treu zu bleiben?
Ich möchte Ihnen widersprechen. Ich glaube nicht, dass es mehr oder stärkere Versuchungen gibt. Allenfalls die Art der Versuchungen ist anders. Ich möchte dazu beitragen, dass die Gesellschaft immer stärker so wird, dass ich selbst gern in ihr lebe. Richtschnur und Rückhalt ist mir das Lebensmotto "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu."
Erfahren Sie als christlicher Politiker durch Ihre Mitchristen Rückendeckung oder fühlen Sie sich eher durch Sie kontrolliert?
Ich freue mich darüber, in welchem Umfang sich Christen in unserem Land einbringen, sei es im karitativen Bereich, im Umweltschutz, in der Bildung oder auf anderen Gebieten. Diese bestärkende Erfahrung steht im Vordergrund, auch wenn man nicht immer mit jedem einer Meinung ist.
Bevor Sie nach Dresden kamen, war das katholisch geprägte Münster Ihr Wirkungsfeld. Haben Sie dort als Politiker stärker auf christliche Werte gesetzt?
Dass die Zahl der Kirchenmitglieder in Münster größer ist, heißt ja keinesfalls, dass christliche Werte dort stärker gefragt sind. Der Häutungsprozess der Kirche ist dort noch nicht so fortgeschritten wie bei uns. Hier nehme ich dagegen erfreut zur Kenntnis, dass die Bedeutung der Kirchen in letzter Zeit steigt.
Deutlich wird das unter anderem an dem großen Echo auf kirchliche Großveranstaltungen wie Gottesdienste in und vor der Frauenkirche oder das katholische Bennofest im vergangenen Jahr in Meißen.
Deutlich wird das unter anderem an dem großen Echo auf kirchliche Großveranstaltungen wie Gottesdienste in und vor der Frauenkirche oder das katholische Bennofest im vergangenen Jahr in Meißen.
Fragen: Dorothee Wanzek
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 4 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.01.2007
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.01.2007