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Aus der Region

Was ist es uns wert?

Der Görlitzer Kaplan Marko Dutzschke

Marko Dutzschke

Wenn heute jemand zum Thema Kinder und Familie öffentlich Stellung bezieht, muss er oder sie von allen Seiten mit Widerstand rechnen. So geht es der deutschen Familienministerin Ursula von der Leyen genauso wie dem Augsburger Bischof Walter Mixa. Die eine macht Vorschläge zur Verbesserung der Kleinkindbetreuung, stößt damit in den eigenen Reihen auf Widerstand und wird angegriffen. Der andere äußert gegenüber der Presse seine kritische Meinung diesen Vorschlägen gegenüber, wird verkürzt und ungenau zitiert und daraufhin ebenso angegriffen.

Beiden gemeinsam ist ihre Sorge um die Zukunft von Kindern und Familien in unserem Land. Dabei wird der Ministerin vorgeworfen, dass sie ein neues Bild von Familie verbreiten will, und dem Bischof, dass er an einem überkommenen Familienbild festhält. Dabei scheint es kaum zu interessieren, was genau das Neue am Familienbild der Ministerin und was das scheinbar Überholte am Familienbild des Bischofs ist. Allein die harte Diskussion der vergangenen Wochen zeigt, dass man mit einfachen Antworten und gegenseitigen Vorwürfen nicht weiterkommt.

Ursula von der Leyen möchte den juristischen Anspruch auf Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung umsetzen und darum die Zahl der Krippenplätze erhöhen. Kritiker werfen ihr vor, dass damit Frauen diskriminiert werden, die sich für Heim und Kinder gegen den Beruf entscheiden. Wer zu Hause bleibt, müsse damit rechnen, für ein altmodisches Hausmütterchen gehalten zu werden. Aber ist diese Befürchtung berechtigt? Nach dieser Logik müsste heute jede Frau als Rabenmutter gelten, die versucht, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen.

Ich glaube nicht, dass die Ministerin vorhat, ein neues Bild von Familie zu entwickeln und dafür ein altes über Bord zu werfen. Mir erscheint ihre Initiative eher als Versuch, der Realität eines Landes gerecht zu werden, in dem die Vorstellungen von Familie und Kindern genauso vielfältig sind wie die Lebensentwürfe der einzelnen Menschen.

Bis heute liegt die Geburtenrate in Deutschland auf einem Rekordtief, so dass mehr Staatsbürger sterben als geboren werden. Das gibt Anlass zur Sorge und zwingt zum Handeln.

Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft überlegen, was Kinder den Staat und die Gesellschaft kosten dürfen: Freie Kinderbetreuung? Krippenplätze? Kinder- oder Familiengeld? Mutterschutz und Erziehungszeit?

Doch auch die besten politischen Entscheidungen können jungen Paaren, Frauen und Männern, nicht die Frage ersparen, die sich auch der Staat stellen muss: Was dürfen uns Kinder kosten? Was sind wir bereit, für ein Kind zu opfern? Wer den Staat in die Pflicht nehmen will, muss sich auch selbst in die Pflicht nehmen lassen. Wie wird sich unser Leben mit einem oder mehreren Kindern verändern? Was müssen wir ganz oder zeitweise aufgeben? Wo müssen wir uns einschränken? Was nichts kosten darf, ist auch nichts wert.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 28.02.2007

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