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Aus der Region

Pflegenotstand befürchtet

Sachsen dreht den freien Berufsschulträgern den Geldhahn zu

Görlitz / Dresden / Berlin - Den freien Berufsschulträgern in Sachsen geht es an den Kragen. Nach dem Willen der Landesregierung sollen die Förderungen im Freistaat massiv gekürzt werden. Besonders hart trifft es soziale Einrichtungen.

Ganz so überraschend kam die Nachricht nicht. Schon im letzten Jahr sollte in Sachsen das Gesetz für Berufsschulen in freier Trägerschaft geändert werden. Der Grund: Viele Unternehmen und freie Träger von Bildungsangeboten würden sich nicht mehr am Markt orientieren und bildeten am Bedarf vorbei aus. "Was sollen wir mit tausenden von Dachdeckern, wo die Baubranche in der Region seit Jahren rückläufig ist", schimpft ein Görlitzer Kommunalpolitiker. Die geplante Gesetzesänderung konnte damals noch einmal abgewendet werden.

    In vielen Branchen wird am Bedarf vorbei ausgebildet

Jetzt hat die sächsische Landesregierung endgültig entschieden. Im Ende Dezember verabschiedeten Haushaltsbegleitgesetz ist geplant, die Förderungen für die freien Träger im Berufsschulbereich massiv zurückzufahren. Nicht nur, um die kommunalen Anbieter zu stärken, sondern auch, um den jungen Menschen eine realistische berufl iche Perspektive zu bieten, heißt es.

Auf den ersten Blick sinnvoll, wie der zuständige Referent beim Diözesan-Caritasverband des Bistums Görlitz, André Schneider, zugibt, denn das Gesetz versuche, den Missbrauch von Fördergeldern zu verhindern. Der Haken bei der Sache: Betroffen sind auch berufsbildende Einrichtungen der Caritas. Im Bistum Görlitz betrifft dies die Einjährige Berufsfachschule für Pfl ege und Gesundheit in der Neißestadt, die seit über 15 Jahren besteht und mit der Verbindung von "Lernen und Wohnen" ein ebenso innovatives wie erfolgreiches Ausbildungskonzept geschaffen hat. Junge Menschen haben hier die Möglichkeit, sich für ein Jahr in einem sozialen Beruf zu erproben und sich dann dafür oder dagegen zu entscheiden. Schneider lobt besonders die Wertschätzung der Einrichtung: "Rund 98 Prozent der Absolventen fi nden danach einen Ausbildungsplatz." Das könnte sich allerdings bald ändern. Das sächsische Haushaltsbegleitgesetz sieht eine Kürzung der Förderung um fast ein Drittel vor. Die Caritas im Bistum will aber trotz der zu erwartenden fi nanziellen Turbulenzen an der Schule festhalten.

Auch Norbert Waldhelm, Jugendreferent der Caritas im Bistum Dresden-Meißen, ist von der neuen Regelung nicht begeistert. "Bei uns ist besonders die Berufsschule in Bautzen betroffen", sagt der Sozialpädagoge. Abhilfe könnte nach den Worten Waldhelms eine neue Förderrichtlinie des Sozialministeriums schaffen, wonach Einrichtungen, die in sozialen Berufen ausbilden, unterstützt werden sollen. Wie diese Förderungen allerdings konkret aussehen, wie lange und in welcher Höhe gezahlt wird, steht noch in den Sternen.

    Die Bildungsvielfalt ist in Gefahr

Durch die drohende Schließung von Schulen in freier Trägerschaft ist die in Deutschland seit Jahrzehnten gewachsene und zum Teil hart erstrittene Bildungsvielfalt in Gefahr. Vor allem christliche Einrichtungen genießen in der Öffentlichkeit den besten Ruf -Eltern, die auf der Suche nach Alternativen für ihre Kinder sind, schätzen die menschliche Wärme und die Effi zienz der Ausbildung. Im Bildungs-Schmelztiegel der Bundeshauptstadt zum Beispiel sind es zudem die Jugendlichen selbst, die auf die Fragen nach dem Sinn des Lebens nach neuen Antworten suchen. Matthias Rösch, Leiter des Edith-Stein- Schulzentrums für Sozialwesen im traditionellen Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, beobachtet eine neugierige Aufmerksamkeit bei jungen Leuten, wenn es um Fragen des Glaubens geht. "Nicht christliche Schüler nehmen ganz selbstverständlich an unseren Gottesdiensten teil und erwarten von uns sogar mehr, als wir anbieten. Wir können aber natürlich keine Kirchgemeinde ersetzen."

Den christlichen Trägern von sozialen Bildungsangeboten stehen dennoch harte Zeiten bevor. Eine politische Zukunftsentscheidung scheint mit dem Gesetz in Sachsen nicht getroffen. André Schneider von der Caritas befürchtet sogar einen Notstand im Pfl egebereich. "Angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland sollten wir deshalb junge Menschen fördern, die bereit sind, in einem sozialen Beruf zu arbeiten."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 28.02.2007

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