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2. Die Amtsträger

Über das katholische und das evangelische Amtsverständnis

Bischof Gerhard Feige An Christi statt (Bischof Gerhard Feige über das katholische Amtsverständnis): Zunächst einmal gilt: Alle Gläubigen -ob so genannte Amtsträger oder Laien -gehören zum Volk Gottes, sind mit Christus und untereinander verbunden und unterscheiden sich dem Grade nach nicht voneinander. Durch Gott auserwählt und geheiligt haben alle Getauften gegenüber den anderen eine gewisse Mittlerrolle, biblisch ausgedrückt: ein gemeinsames Priestertum.
Innerhalb der Kirche -nicht über oder getrennt von ihr -gibt es aber auch ein besonderes Dienst-
amt, von Jesus Christus gestiftet und in frühkirchlicher Zeit in dreifacher Gestalt (Bischof, Priester und Diakon) normativ ausgeprägt. Katholiken wie Orthodoxe und Anglikaner sehen es für die Kirche als konstitutiv an. Seine Aufgabe ist die öffentliche Verkündigung des Evangeliums, die Verwaltung der Sakramente sowie die Sorge um die Einheit und die Treue zum apostolischen Ursprung. Dies geschieht nicht im Auftrag der Gemeinde oder nur funktional, sondern an Christi Statt in einem wesensmäßigen Gegenüber zu ihr. Darum wird zu diesem Amt durch Handauflegung und Gebet geweiht (ordiniert), Ausdruck dafür, dass jemand durch Gott und das Wirken seines Geistes aus dem Alltäglichen ausgegrenzt wird und weder uns noch sich mehr gehört. Das meint nicht Steigerung des gemeinsamen Priestertums oder Herrschaft über die anderen, sondern dass der Betreffende qualitativ neu gesendet und bevollmächtigt ist, Christus durch sich handeln zu lassen und auf ihn sakramental zu verweisen. Darin liegt die Bedeutung des auf Lebenszeit übertragenen Weiheamtes: Die Gemeinde immer wieder auf Christus als ihren Ursprung und ihr bleibendes Haupt offen zu halten. Entlastend ist dabei, dass die Wirksamkeit dieses Heilsdienstes -recht verstanden -von dem durch die Weihe verliehenen "unauslöschlichen Merkmal" und nicht von der persönlichen Leistung oder Heiligkeit seiner Amtsträger abhängt.
Besondere Bedeutung kommt seit alters her dem Bischof zu. Eingebunden in das Bischofskollegium, das als Ganzes in der Amtsnachfolge der Apostel steht, verkörpert er das geistliche Amt in seiner Vollgestalt. Nur er kann andere weihen. Ohne Bischöfe gibt es darum nach weit verbreiteter Überzeugung auch keine "gültige" Eucharistie und kein volles Kirche-Sein. Wie schon für Augustinus heißt es heute aber ebenso: "Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ."

Mit besonderen Aufgaben (Landesbischof Christoph Kähler über das evangelische Amtsverständnis): Wer hat uns den christlichen Glauben nahe gebracht? Viele werden sich an Eltern, Freunde und Verwandte erinnern, vielleicht auch an eine Katechetin, einen Diakon, einen Kaplan, eine Pastorin oder einen Pfarrer. Oft waren es normale Alltagsmenschen, die uns die Liebe Gottes und die Verantwortung des Menschen nahe gebracht haben, sei es durch das Gebet und den Segen am Abend, sei es durch das Erzählen biblischer Geschichten, durch eine treffende Bemerkung, die man nie vergessen kann. Alles das meinen evangelische Christen, wenn sie vom Priestertum aller Glaubenden sprechen und die Weitergabe des Evangeliums als Aufgabe aller Christen ansehen.
Dennoch gibt es in der evangelischen Kirche Frauen und Männer, die die besondere Aufgabe haben, zu predigen, zu taufen und das Abendmahl einzusetzen. Ihre Bezeichnung ist in der Geschichte und je nach Gegend unterschiedlich. Norddeutsche pflegen vom Pastor, Süddeutsche vom Pfarrer zu reden. Was ist nun das Gemeinsame dieser Frauen und Männer? Sie werden zu diesem Dienst ordiniert: Nach einer längeren Ausbildung, nach theologischen wie praktischen Prüfungen und mit der Festlegung einer Gemeinde, in der sie wirken sollen, werden sie von kirchlichen Verantwortlichen (heute in der Regel von den Bischöfinnen und Bischöfen) unter Handauflegung gesegnet und in diesen Dienst berufen. Ihre Ausbildung befähigt sie dazu, die Texte der Bibel sorgfältig und im Zusammenhang auszulegen. Von daher stehen sie in einer besonderen Verantwortung für den Verkündigungsdienst und die Sakramentsverwaltung. Da die Gemeinden (wie auch der Einzelne) über die Wahrheit des Evangeliums nicht durch Beschlüsse abstimmen können, haben diese Menschen den Auftrag, ihre Gemeinde wie auch sich selbst durch das Wort Gottes angesichts der heutigen Herausforderungen zu trösten, zu ermahnen, zu beraten und immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir nicht über Gott verfügen können, sondern selbstkritisch nach seinem Willen zu fragen haben.
Wem einmal diese Aufgabe übertragen wurde, der hat sie für sein ganzes Leben übernommen. Darum wird beim Wechsel in eine neue Gemeinde oder in eine andere Funktion an das ursprüngliche Ordinationsversprechen erinnert, dieses aber nicht wiederholt. Auch ein Bischof erhält keine besondere "Weihe", sondern seine Verantwortung als Ordinierter wird lediglich auf einen größeren Bereich ausgeweitet.
In der evangelischen Kirche kennen wir aber nicht nur ordinierte Amtsträger, sondern eine Vielzahl von Ämtern, angefangen von den Kantoren, Lektoren und Küsterdienste, über die diakonischen und pädagogischen Ämter bis zu den gemeindeleitenden Aufgaben der "Kirchenältesten". Für alle Haupt-, Neben- und Ehrenamtlichen in der Gemeinde gilt: "Dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes" (1. Petrus 4,10).
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 01.03.2007

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