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4. Der Papst

Das Papsttum - ein Knackpunkt im ökumenischen Gespräch

Bischof Gerhard Feige Für Katholiken eine Normalität (Bischof Gerhard Feige über das katholische Verständnis des Papstamtes):
Manchmal nehmen Protestanten päpstliche Äußerungen erstaunlicherweise viel eher und aufmerksamer wahr als Katholiken. Einige von ihnen vermuten vielleicht, dadurch in der reformatorischen Ablehnung des Papsttums bestärkt zu werden; andere erhoffen sich davon geistvolle Impulse und Signale ökumenischer Annäherung. Katholischerseits gehört der Papst ganz einfach zur Normalität der Kirche und zum Wesen ihrer Verfassung. Sein Amt gründet -so die katholische Überzeugung -auf der herausgehobenen Stellung, die Petrus laut biblischem Befund inmitten der Jünger Jesu hatte, und auf dessen gemeinsamen Martyrium mit Paulus in Rom. Im Laufe der Geschichte hat es sich immer mehr entwickelt und recht unterschiedlich -zeitweise leider auch unrühmlich -dargestellt. Seine besondere Bedeutung bekam der Papst als Garant der Freiheit der Kirche vom Staat und als sichtbarer Ausdruck der Verantwortung für die Einheit der Kirche. Viele sehen in ihm nicht nur eine historische und theologische Größe, sondern auch eine emotionale Herausforderung.
Als Bischof von Rom ist er mitbrüderlich ins Kollegium aller Bischöfe eingebunden; als Erstem unter ihnen kommt ihm nach der Lehre des I. Vatikanischen Konzils (1870) zugleich aber auch die höchste und umfassendste Handlungsvollmacht (Jurisdiktionsprimat) zu. Demselben Konzil entstammt auch das -oft missverstandene -Dogma von der päpstlichen "Unfehlbarkeit". Gemeint ist damit "lediglich", dass der Papst aufgrund der Verheißung Gottes, die ganze Kirche in der Wahrheit des Evangeliums halten zu wollen, dann nicht irren kann, wenn er eine biblisch begründete und im gesamtkirchlichen Bewusstsein verankerte Lehre in Glaubens- und Lebensfragen offiziell (ex cathedra) und mit letzter Verbindlichkeit erklärt.
"Diener der Diener Gottes" lautet der "vornehmste" seiner Titel. Darin besteht auch seine ureigene Aufgabe: dem Evangelium und dem Glauben der Kirche folgend zusammen mit dem Bischofskollegium der Einheit in Vielfalt zu dienen, innerkatholisch und darüber hinaus. Trotz des Wissens darum, dass das päpstliche Amt für den Großteil der anderen Christen eine beträchtliche Schwierigkeit für eine volle Einheit darstellt, hat Johannes Paul II. eingeladen, über Begründung und Gestaltung dieses Dienstes einen ernsthaften und geduldigen Dialog aufzunehmen. Dabei sollte man einzig und allein den Willen Christi für seine Kirche im Sinn haben. Dies ist auch das Anliegen von Papst Benedikt XVI.

Brauchen wir einen Papst? (Landesbischof Christoph Kähler über das Papsttum aus evangelischer Sicht): "Wir sind Papst", titelte "Bild" und freute sich, weil ein Deutscher zum Nachfolger von Johannes Paul II. gewählt worden war. Die Nationalität dürfte allerdings bei der Wahl kaum eine Rolle gespielt haben. -Doch die Überschrift könnte auch ein evangelischer Satz sein. Denn, wie Martin Luther schrieb: "Was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht zu sein, obwohl es nicht einem jeden ziemt, solch Amt zu üben." Damit hat Luther die zwei Pole evangelischer Kirchenauffassung beschrieben: Zum einen ist die Taufe die "Krönung", die die Gotteskindschaft vermittelt und den Täufling in eine Gemeinschaft von Geschwistern führt. Hier gibt es nach unserer Auffassung kein Mehr oder Weniger in der Würdigkeit vor Gott und keine für immer bestimmte Ordnung der Ämter. Jesus Christus ist das Haupt der Gemeinde und jedes Amt in der Gemeinde ist Christusdienst. Dessen Gestalten können wechseln. Zum anderen darf in der Gemeinde kein Chaos herrschen, sondern es ist eine Ordnung nötig, die der Evangeliumsverkündigung, der Taufe und der Feier des Abendmahls dient.
"Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen", sagt Christus im Matthä-
usevangelium (16,18). Mit diesem Satz beanspruchen die Bischöfe von Rom als Nachfolger des Petrus bis heute einen Vorrang unter den Bischöfen in aller Welt. Das hat bereits die alte Kirche gespalten und zur Trennung der Kirche des Westens von den Ostkirchen geführt. Die Reformatoren im 16. Jahrhundert erlebten das Handeln der Päpste als Unterdrückung des Evangeliums. Dennoch hat sich Philipp Melanchthon ein universales Leitungsamt als menschliche, aber nicht als göttliche Ordnung vorstellen können. Die Vollmacht des Petrus wurde von Christus nach dem Matthä-
usevangelium auch allen anderen Jüngern verliehen und ist daher nicht auf ein Amt und seinen Inhaber beschränkt (Mt 18,18). Wie die Apostelgeschichte und die Briefe des Paulus zeigen, hat die frühe Christenheit sich deswegen mit großer Freiheit für die einzelnen Gemeinden und gerade nicht zentralistisch organisiert.
Auch wir evangelischen Christen suchen die Einheit der Kirche in der gegenseitigen Beratung, durch gemeinsames Entscheiden und vereintes Handeln auf allen Ebenen. Dabei haben sich uns Synoden und Kollegien (wie die Gemeindekirchenräte) als besonders wichtig erwiesen.
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 01.03.2007

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