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Bistum Dresden-Meißen

Ein Stoff, der manches verändert

Bautzner Katholiken gestalteten Fastentuch

24 Gruppen haben sich an dem Fastentuch zum Thema Bautzen - "So kurzfristig?" Als der Bautzener Pfarrer Veit Scapan die Gemeinde im Januar aufforderte, gemeinsam ein Fastentuch zu erstellen, blickte er in entgeisterte Gesichter. Heute erzählen Gemeindemitglieder mit leuchtenden Augen über das, was sie mit dem Tuch erlebt haben.

"Ein Wir-Gefühl wie bei der Fußballweltmeisterschaft" sei durch die gemeinsame Arbeit am Fastentuch unter den Bautzener Katholiken entstanden, freut sich Monika Stammwitz. Sie leitet einen Frauenkreis in der Außenstation Doberschau. "Ich wohne hier seit über 40 Jahren, aber eine solche Gemeinschaft unter allen Gruppen der Gemeinde habe ich noch nie erlebt", bestätigt Theresia Hoffmann, die für den "Treff 60" am Fastentuch mitgearbeitet hat. Nach den Gottesdiensten in der Liebfrauenkirche, wo das rund 25 Quadratmeter große Tuch seit Beginn der Fastenzeit zu bewundern ist, stünden nach den Gottesdiensten Menschen vor dem Tuch beisammen, die vorher immer aneinander vorbeigelaufen seien, hat sie beobachtet.

Mitte Januar erhielten die Bautzener Gemeindegruppen von ihrem Pfarrer ein großes Stück Stoff, verbunden mit der Aufforderung, darauf ihre Gedanken zur Bedeutung der Taufe gestalterisch umzusetzen. Ab 19. Februar sollte dann ein Sattlermeister aus der Gemeinde alle Kunstwerke zu einem großen Fastentuch zusammennähen. Bereits vor drei Jahren hatte der Kinderpastoralkreis die Idee gehabt, ein Fastentuch zu gestalten. "Allein schaffen wir das nicht", war den Beteiligten schnell klar geworden, und die Idee wurde erst einmal vertagt.

Als Pfarrer Veit Scapan darüber nachdachte, wie man in Bautzen das Jahresthema "Gemeindeerneuerung durch die Sakramente – Taufe" umsetzen könnte, das der Dresdner Bischof Joachim Reinelt 2007 für sein Bistum ausgewählt hat, fiel ihm die Idee des Kinderpastoralkreises wieder ein.

24 Gruppen aus der Dompfarrei bemalten, bedruckten oder bestickten 1,30 x 1,30 Meter große Stoffstücke, darunter das Katholische Kinderhaus, der Schwesternkonvent St. Klara, sorbische und deutsche Senioren, die Firmlinge, die Pfarrjugend und viele mehr.

Aufgrund der kurzen Frist gelang es nicht in allen Gruppen, sich vorher intensiv mit dem Thema zu befassen. "Wir werden das im Laufe der Fastenzeit nachholen", sagt Theresia Hoffmann für die Frauen des "Treff 60". Auch die Fastenpredigten widmen sich in Bautzen alle dem Thema "Taufe". Im Katholischen Kinderhaus sind Katechesen zum Fastentuch geplant.

Der Pfarrgemeinderat schaffte es, eine komplette Sitzung dem Nachdenken über die Taufe zu widmen, bevor sich eine kleine Abordnung dem Beitrag für das Fastentuch widmete. "Es war ein froher Abend, bei dem uns von neuem bewusst geworden ist, worauf es wirklich ankommt", erzählt Petra Kaulfürst, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats. Auf dem Stoffstück des PGR sind von Taufwasser benetzte Kegelfiguren zu sehen, die von einem Regenbogen in Fisch-Form umschlossen sind. Sie befinden sich in einem Netz, das nach oben hin offen ist. "Wir sind geborgen in Gott, beauftragt, Menschen zu fischen, doch jeder ist freigelassen", erläutert Franziska Hennig, die zum Künstlerteam des PGR gehörte.

Mittendrin hätten die Mitwirkenden ihre Aufgaben getauscht, so dass am Ende jeder das tun durfte, was er am besten konnte. Auch dies sei eine wichtige Erfahrung gewesen, betont Franziska Hennig. Eine der Kegelpuppen sei beim Aufnähen versehentlich verrutscht. Erst habe man sich darüber geärgert, dann befand man das Missgeschick als symbolträchtig: "In der Gemeinde muss auch für die Platz sein, die ein wenig schiefliegen".

"Die Taufe bestimmt unser ganzes Leben", ist den Frauen in Doberschau aufgegangen. Während der Arbeit an ihrer Applikation einer Taufgesellschaft kam es zu intensiven Gesprächen wie nie zuvor. Dabei kamen auch Ideen auf, wie man Hilfsbedürftige in der eigenen Runde am besten unterstützen könnte. In die Arbeit am Fastentuch wurden auch Frauen einbezogen, die ansonsten nur noch wenig Kontakt zur Kirche haben. Voller Begeisterung entwickelte die kleine Runde dabei viel Liebe zum Detail. Wer nicht aktiv mittun konnte, gab seinen Beitrag durch Materialspenden. "Eine wertvolle Zeit, die wir alle nicht missen wollen", sagt Monika Stammwitz. Demnächst wollen die Frauen, die aus unterschiedlichen Dörfern kommen, gemeinsam nach Bautzen fahren und dort vor dem Fastentuch den Kreuzweg beten.

Petra Kaulfürst hat ihrer nicht christlichen Nachbarin so begeistert von dem Tuch erzählt, dass sie jetzt auch mal in die Kirche kommen will, um es sich anzuschauen. Selbst die Frau im Bastelgeschäft, bei der Mitwirkende aus verschiedenen Gruppen Material gekauft haben, ist so neugierig geworden, dass sie sich in der Kirche das Ergebnis anschauen möchte.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 10.03.2007

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