Immer wieder getragen
Das ökumenische Frauenfrühstück in Görlitz möchte besonders Nichtchristinnen ansprechen
Görlitz - Zweimal im Jahr treffen sie sich. Dann wird miteinander geredet und diskutiert. Heitere und ernste Themen. Das ökumenische Frauenfrühstück in Görlitz bringt Frauen aller Altersgruppen zusammen.
Das Wichernhaus in der Altstadt war am vergangenen Samstagvormittag gut gefüllt. Die Tische sind liebevoll gedeckt, auf der Bühne stehen frische Frühlingsblumen. Rund 200 Frauen haben sich zum ersten ökumenischen Frauenfrühstück in diesem Jahr zusammengefunden. Wer meint, dass es sich dabei um einen abgeschlossenen Kreis handelt, der nur darauf wartet, gegen die böse Männerwelt loszuziehen, hat sich gründlich getäuscht. An der Initiative beteiligen sich Frauen jeder Altersgruppe -von 18 bis 80 ist alles dabei.
Wichtig ist es, das Gemeinsame zu betonen
Für Birgit Ott gehören die Treffen selbstverständlich dazu. Die evangelische Christin ist regelmäßig an der Vorbereitung beteiligt. "Bei diesem Frühstückstreffen wollen wir besonders Frauen erreichen, die nicht christlich sind, ohne sie zu vereinnahmen", sagt die frühere Denkmalpflegerin, die heute ein kleines Reiseunternehmen in Görlitz leitet.
"Mein Anliegen ist es, den Frauen von meinem Glauben zu erzählen und die Gemeinschaft der Christen zu einer größeren Gemeinschaft zu öffnen." Dabei betont sie ausdrücklich die ökumenische Ausrichtung. "In einer Zeit, wo sich die Menschen vom Glauben abwenden, ist es wichtig, das Gemeinsame zu betonen." Deshalb wünscht sie sich auch, dass sich mehr Katholikinnen an der Initiative beteiligen. Wesentliches Element der Frühstücktreffen sind die Erfahrungsberichte. Frauen erzählen aus ihrem Leben, wie sie Schwierigkeiten gemeistert oder zu Gott gefunden haben. Eine solche Geschichte hören die Frauen von Gerda Neumann aus Görlitz. Ihre Kindheit war geprägt durch Krieg und Vertreibung, ihr 14 Monate alter Bruder überlebte die Strapazen nicht. Auch die Mutter starb, als sie noch ein Kind war. Der Vater hat die Gefangenschaft zwar überlebt, aber Gerda Neumann musste schon früh Verantwortung übernehmen. "Es gibt so viele Situationen, in denen wir Gott nicht verstehen. Oft habe ich mich gefragt ,Warum?'" Und dennoch habe sie "Gottes Spuren im Sand" erkennen können. "Ich bin in meinem Leben immer wieder getragen worden."
Sich Gott zuzuwenden, ist nie vertane Zeit
Auch Marina Nobiling aus Berlin hat diese Erfahrung gemacht. Als Betroffene erzählt sie von ihrer Bulimie-Erkrankung, von den persönlichen Leiden, der Isolation und den Ausgrenzungen, die damit verbunden sind. Hilfe und Verständnis bekam sie von außen, die innere Stabilität aber durch ihren Glauben an Gott. Erst dadurch habe sie festen Halt gefunden. "Sich Gott zuzuwenden, ist nie vertane Zeit."
Die Idee der Frühstücks-Treffen für Frauen entstand 1983 in der Schweiz. Mittlerweile sind sie zu einer weltweiten Bewegung geworden. In Deutschland werden sie zurzeit in 228 Städten angeboten -im Bistum Görlitz in Görlitz und Cottbus. Die Veranstaltungen sind ein Forum, wo Frauen miteinander über Lebensund Glaubensfragen ins Gespräch kommen. Zwischen 200 und 800 Teilnehmerinnen sind jeweils dabei. "Vor allem die Gesprächsrunden in kleinen Gruppen helfen den Frauen, auch über sich selbst nachzudenken", erzählt Birgit Ott, "herauszufinden, was ihnen fehlt, was sie sich wünschen, wovon sie träumen. Unsere Aufgabe ist es aber nicht, das Leben der Frauen zu ändern, sondern ihnen Impulse zu geben."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.04.2007