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Dominikaner in der City

Schwestern und Brüder präsentieren sich in Leipziger Fußgängerzone

Zwanglos ins Gespräch kommen Leipzig (mt) - ,,Sind Sie echt?" Neugierig wendet sich eine Passantin in der Leipziger Innenstadt an den Mann in der weißen Kutte. Ordensmann im Habit oder nur ein billiger Werbegag? Die Skepsis ist berechtigt und Johannes Zabel OP (Ordo Praedicatorum) hört diese Frage nicht zum ersten Mal. Spätestens seit Ritterspiele und mittelalterliches Gegaukel allerorten eine Renaissance erfahren, werden der Dominikaner und seine Mitbrüder oft mit den Darstellern von Mönchen verwechselt. Doch Bruder Johannes Zabel trägt kein Kostüm und schwatzt der Frau in der Fußgängerzone weder einen Mobiltelefonvertrag noch sonst irgendetwas auf. Er gehört zu einer Gruppe von elf Dominikanern der Provinz Teutonia in Deutschland, die sich in der Ausbildung befinden.
Im Rahmen ihres Projektes "Farbe bekennen" hatten sie zusammen mit drei jungen Schwestern des geschwisterlich orientierten Ordens kürzlich einen Stand in der Grimmaischen Straße / Ecke Universität aufgebaut. Dort kamen sie mit den Menschen ins Gespräch, machten auf ihren Glauben und das Dominikanerkloster St. Albert in Leipzig-Wahren aufmerksam und informierten über die Geschichte des in über 100 Ländern der Welt agierenden Ordens. Angebote zur Klosterführung und ein Konzert gehörten ebenfalls zum Programm des Projekts.
"Einmal im Jahr gibt es ein bundesweites Treffen der Studierenden des Ordens, das mit einem konkreten Projekt verbunden ist", erklärt Johannes Zabel. Gespräche in der Fußgängerzone sind aber auch für die Dominikaner eine ganz neue Erfahrung, noch dazu an so exponiertem Platze: Vor mehr als 700 Jahren errichteten Mitglieder ihres Ordens auf einem Grundstück neben dem Grimmaischen Tor, längs der einstigen Stadtmauer ein Kloster mit typisch dominikanischer Predigerkirche. Im Zuge der Reformation wurde dieses Kloster zwar bereits 1538 aufgehoben und die Gebäude der Universität geschenkt. Aber das Gotteshaus überdauerte als Universitätskirche die Jahrhunderte bis in die Neuzeit. Und nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte in ihr sogar wieder ein Dominikaner: Pater Gordian Landwehr begeisterte mit seinen Predigten vor allem die Jugend. Am 30. Mai 1968 wurde die Paulinerkirche samt Orgel und vielen anderen Kunstschätzen auf Geheiß des Leipziger Stadtrates gesprengt.

Der Informationsstand findet erstaunlich viel Beachtung. Immer wieder steuern Menschen zum broschürenbeladenen Tisch. Lockere Plauderei statt frommer Sprüche, herzliche Einladung zu Konzert und Grillabend im Klostergarten statt Seelenfängerei. Einheimische und Touristen möchten wissen, was es mit den Männern und Frauen im Habit auf sich hat. Und was versprechen sich die Dominikaner von der eigenen Präsentation? "Wir wollen Erfahrungen sammeln, ob und wie die Menschen sich mit einer religiösen Haltung auseinandersetzen", so Johannes Zabel. Im Projekt ,,Farbe bekennen" gehe es nicht um Missionierung, betont Studentenmagister Thomas Krauth. "Wir graben lediglich Brunnen", beschreibt der Pater, denn er ist überzeugt, dass der göttliche Grundwasserspiegel im Osten Deutschlands nicht niedriger als anderswo auf der Welt ist. Um Erfahrungen religiöser Art ging es auch in dem von den Dominikanern veranstalteten Konzert "Musik und Mystik". In der kleinen, dörflichen evangelischen Gnadenkirche sang die Magdeburger Sopranistin Katrin Kleinhardt Lieder der Mystikerin Hildegard von Bingen - mal von der Seitenempore herab, mal langsam durch die Kirche schreitend.

 

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 33 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 31.08.2001

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