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Aus der Region

Perspektivenwechsel: Option für die Armen

Theologin Widl beim Pastoraltag des Bistums Erfurt: Diakonie gehört zum Kern des Christlichen

Pastoraltheologin Maria Widl

Erfurt (mh) - Der Zusammenhang von Glaube und Diakonie stand im Mittelpunkt des Vortrages, den die Erfurter Pastoraltheologin Maria Widl beim Pastoraltag des Bistums Erfurt hielt (Seite 11).

Diakonisches Engagement gehört nach Ansicht der Erfurter Pastoraltheologin Maria Widl zu dem, was eine christliche Gemeinde wesentlich ausmacht. "Es gibt zwar eine Unmenge ehrenamtlicher karitativer Arbeit, dennoch ist das Bild unserer Gemeinden nicht wirklich diakonisch", sagte sie beim Pastoraltag des Bistums Erfurt, der im Elisabeth-Jahr unter dem Thema "Elisabeth bewegt -zum Glauben, der liebt" stand. In den Gemeinden würden die Welt des Sozial-Karitativen und die Welt des Bürgerlich- Kirchlichen weitgehend auseinandergehalten: "Die Suppenküche im Pfarrgelände ist am Mittwoch geöffnet und nicht am Sonntag." Die Forderung nach mehr Gemeinde- Diakonie sei dabei nicht gleichzusetzen mit einer weiteren Anhäufung sozialer Aktivitäten. Vielmehr gehe es vor allem um einen Perspektivenwechsel, den Frau Widl mit dem Begriff "Option für die Armen" umschrieb.

Die heutige Zeit sei voll von sozialen Problemen, sagte die Theologin und wies vor allem auf die Arbeitslosigkeit hin. Viele Christen reagieren auf diese Not mit ehrenamtlichem Engagement und helfen ,"wo immer es irgendwie möglich ist". Angesichts dieses Einsatzes sei die Frage "Was sollen wir denn noch alles leisten?" verständlich. Zugleich stoße ehrenamtliches Engagement häufig an Grenzen, wenn im Umgang mit den Betroffenen ein hohes Maß an Kompetenz gefordert ist, das die Spezialisten der verbandlichen Caritas einbringen. "Ist dann eine solche Arbeitsteilung zwischen Gemeinde und Caritas nicht sinnvoll?" Nein, antwortet Frau Widl, denn neben Liturgie und Verkündigung gehöre die Diakonie zu den Grundvollzügen der Kirche und damit zum Kern des Christlichen.

Dieser Kern des Christlichen hänge eng mit der Botschaft Jesu vom nahe gekommenen Reich Gottes zusammen. Dieses Reich Gottes kenne -so Paulus im Römerbrief (14,17) -drei "Spielregeln": Gerechtigkeit, Schöpfungsfrieden und Freude im Heiligen Geist. "Wenn eine Geminde sich in diese Logik des Reiches Gottes vertieft, kann sie ohne Überforderung diakonisch werden". Das wesentliche sei der Perspektivenwechsel im Sinne der "Opition für die Armen": Das erfordere, die Armen und ihr Leben wirklich kennenzulernen und sich in sie hineinzuverstzen. "Wir dürfen dabei nicht von uns auf andere schließen, sondern wir müsse uns auf die Wünsche des anderen einlassen." Mit dieser veränderten Perspektive gelte es zu fragen: "Was hilft dem anderen wirklich?"

Schöpfungsfrieden ist für Frau Widl eine Anfrage an den eigenen Lebensstil. "Unser Lebensstil in Mitteleuropa ist Maßstab gebend für die ganze Welt." Der eigene Lebensstil -etwa das Autofahren -müsse unter sozialen, ökologischen und zukunftsfähigen Gesichtspunkten überprüft werden. "Über diese Fragen nachzudenken, hat etwas mit Diakonie zu tun."

Unter dem Stchwort "Freude im Heiligen Geist" wies Frau Widl auf die Charismen hin: Es sei die Pflicht jedes Christen, barmherzig zu sein, wenn es die Not erfordert. Darüber hinaus gebe es spezielle karitative Charismen, wie sie etwa die heilige Elisabeth hatte. Deshalb gelte es auch mit entsprechenden kirchenfernen Institutionen zusammenzuarbeiten.

Diakonie in der Gemeinde sei keine Mehrarbeit, sondern ein Wechsel der Perspektive, der auch unabhängig von der Größe der Gemeinde möglich ist.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 05.05.2007

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