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Aus der Region

Kontrastreiche Glaubenserfahrung:

Bischof Reinelt und ein ehemaliger Häftling berichten über ihr Leben

Dresden - Den einen führte der Lebensweg aus einer kirchlich beheimateten Familie geradlinig zum Priester- und zum Bischofsamt, der andere wurde Krimineller und erlebte im Gefängnis den Durchbruch zum Glauben. Im Dresdner Kathedralforum gaben beide Männer Einblick in ihr Leben.

Bei Joachim Reinelt, dem Bischof von Dresden-Meißen, waren es nach eigenem Bekunden vor allem die positiven Erfahrungen, die seinen Glauben wachsen und reifen ließen: die Gemeinschaft mit den Eltern und Geschwistern in schönen und schwierigen Tagen, mit den Freunden in der katholischen Jugend und den Erfurter Dozenten und Studienkollegen.

Torsten Hartung, der nach mehr als 14-jähriger Haft vor sechs Monaten aus dem Gefängnis entlassen wurde, kann nicht von vergleichbaren Kindheits- und Jugenderinnerungen zehren. Seine Eltern waren nicht fähig, ihrem ungewollten Kind Liebe zu geben, erzählte der Berliner am 17. April im Dresdner Haus der Kathedrale. Zum Glauben fand Torsten Hartung während seiner vierjährigen Isolationshaft. Dass weder Geld noch Gewalt die Leere in seinem Inneren ausfüllen konnten, hatte er bereits vorher gespürt, als er noch frei war und als Chef eines internationalen Autoschieber- Rings fungierte.

In seiner Einzelzelle, als die Last seiner Schuld ihn zu erdrücken drohte -er hatte ein Menschenleben auf dem Gewissen -, gelangte er zu der Überzeugung, dass Gott seine Schuld vergibt und ihm ein neues Leben schenkt. In der Tat veränderte sich Torsten Hartungs Leben seit diesem Augenblick im Jahr 1998 merklich: Er begann, regelmäßig zu beten und in der Bibel und anderen christlichen Büchern zu lesen. Oberster Maßstab für sein Handeln war plötzlich die Frage, was Gott wohl mit ihm vorhabe. Trotz der Gefängnismauern fühlte er sich plötzlich frei und glücklich. Nach einigen Jahren ließ er sich im Gefängnis katholisch taufen.

Die Mitarbeiter der Haftanstalt taten sich schwer, den neuen Lebenswandel des gelernten Dachdeckers richtig einzuordnen. Im Laufe der zurückliegenden neun Jahre wurden insgesamt acht psychologische Gutachten über ihn erstellt, berichtete Torsten Hartung, die meisten ordneten seine Bekehrung als psychiatrisch behandlungsbedürftig ein. Lediglich einer der Gutachter kam zu dem Schluss, die Veränderung, die mit ihm vorgegangen sei, liege "an der Grenze des psychologisch Erklärbaren". "Sie haben das gut ausgedrückt, man könnte es auch Wunder nennen", sagte Torsten Hartung dem Psychologen.

Ablehnende Reaktionen auf sein Glaubenszeugnis gehören auch zu Bischof Reinelts Biografie. Der Zusammenhalt seiner katholischen Jugendgruppe sei gestärkt worden durch die gemeinsame Gegnerschaft zu den sozialistischen Machthabern. Joachim Reinelt erinnert sich noch gut an sein DDR-Geschichtsbuch. Dort war unter anderem zu lesen, dass es Jesus Christus nie gegeben habe und dass dies wissenschaftlich nachgewiesen sei.

Lebensgeschichten wie die von Torsten Hartungerzählt zu bekommen, findet der Dresdner Bischof bestärkend. Beeindruckt hat ihn besonders eine Aussage, die der ehemalige Kriminelle nach einem seiner ersten Freigänge machte: "Egal, ob ich im Sechs-Sterne-Hotel oder im Knast bin, wenn ich Gott im Herzen habe, bin ich frei." Die mit einfachen Worten vorgetragene Bekehrungsgeschichte des ehemaligen Kriminellen findet der Bischof zutiefst überzeugend: "Wer sich Dinge einbildet, der ist stolz darauf. Wer sie geschenkt bekommt, der bleibt klein", sagt er über Torsten Hartung.

Bei anderer Gelegenheit sagte der über den Bischof: "Sie sind Gott seit Jahrzehnten treu, das zählt viel mehr als meine kleinen Schritte im Glauben."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 05.05.2007

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