Pilgerfahrt nach Sarospatak
Gehörlose pilgerten ins Geburtsland der heiligen Elisabeth
Erfurt/ Fulda/ Sarospatak - Auf Einladung der Caritasverbände des Diözesen Erfurt und Fulda machten sich Gehörlose auf den Weg nach Ungarn. Caritasreferent Thomas Müller aus Erfurt beschreibt seine ganz persönlichen Eindrücke.
Von außen betrachtet war es eine ganz normale einwöchige Caritas- Pilgerfahrt zum Geburtsort der heiligen Elisabeth. Eine gemischte 60-köpfige Reisegruppe aus den Bistümern Erfurt und Fulda, ein knallgelber Reisebus im Format XXL mit ausreichend Plätzen, ein nettes Reiseunternehmen und im Programm vielversprechende Namen für die Zwischenstationen: Prag, Bratislava, Budapest und Passau. Und doch war etwas anders, denn die Mehrzahl der Wallfahrer waren Menschen mit einer Hörschädigung und Gehörlose.
Bischof Wanke verabschiedete die Pilger
Das Bild der Abreise vom Erfurter Domplatz war für viele Passanten nicht alltäglich. Menschen unterhielten sich wortlos, schauten auf den Mund der Hörenden, scherzten, waren locker, gut gelaunt und wickelten sich die gelben Caritas-Pilgertücher um den Hals. Dazwischen Gehörlosenseelsorger und Dolmetscher. Es war nicht ganz einfach, sie zum Gruppenbild mit Bischof auf den Domstufen zu versammeln, aber man spürte die gute Atmosphäre untereinander, die gegenseitige Annahme, die Zeit und die Aufmerksamkeit, die man dem anderen schenkte. Bereits am Abend kam mir die Aufgabe zu, vier Teilnehmer vom Bahnhof abzuholen. Vereinbartes Erkennungszeichen: Rotes Caritaslogo in der Hand. Kurz bevor der Zug einfuhr, stellte sich bei mir ein wenig Unsicherheit ein. Wie begrüßt man Gehörlose? Sagt man "Willkommen in Erfurt"? Zu spät, der Zug fuhr ein und plötzlich stehst du mittendrin! Das Willkommen gelang und eine kleine Stadtrundfahrt wurde gern angenommen. Nach dieser Begegnung war klar, wichtig sind eine deutliche Sprache, gute Lippenformung, unterstützende Gesten und -sei so normal wie immer!
Ein zweites Treffen mit den Pilgern gab es im Geburtsort der heiligen Elisabeth in Sarospatak. Ich durfte Caritasdirektor Bruno Heller begleiten, der die Wallfahrtsetappe von Sarospatak nach Budapest leitete. Auch hier wurden Höhepunkte zu bleibenden Erinnerungen: Der Besuch in der Elisabethkirche und der 500 Meter entfernten, liebevoll restaurierten Burganlage, die herzliche Aufnahme in der Pfarrgemeinde, eine nächtliche Lichterprozession und der Festgottesdienst in der Pfarrkirche.
Sich die Zeit zur Kommunikation nehmen
Eigens angereist war eine Gruppe Gehörloser aus Budapest. Das spontan organisierte Beisammensein mit ihnen wurde zum eindrucksvollen Erlebnis. Kommunikation unter Gehörlosen kennt keine Sprachgrenzen, da sie viel breiter angelegt ist -so meine Erfahrung, denn schon oft erlebte ich Begegnungen von Hörenden, die an der Sprachbarriere scheiterten. Das Gegenteil war hier der Fall.
Für die Pilger war die Wallfahrt im Jubiläumsjahr der heiligen Elisabeth ein großartiges Erlebnis mit vielen guten Begegnungen. So wurde am Abschlussabend allen gedankt, die diese Fahrt vorbereitet, begleitet und ermöglicht hatten, voran die Dolmetscher und Gehörlosenseelsorger. Für mich blieb unter anderem die Erkenntnis, dass die Kommunikation mit Gehörlosen ein wenig mehr Zeit kostet, die wir uns aber auf jeden Fall nehmen sollten, denn sie ist bereichernd und tut einfach gut.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 31.05.2007