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Aus der Region

Ungeklärte Fragen

Schriftsteller Jakob Hein sucht Antworten jenseits aller Rationalität

Erfurt - Unter dem Titel "Wer beantwortet die Fragen, die nicht zu klären sind?" begab sich der Schriftsteller Jakob Hein zum Abschluss der elften Erfurter Kreuzganggespräche auf die "Sinnsuche in einer aufgeklärten Gesellschaft".

"Wir haben Krankheiten ausgerottet und die Lebenserwartung verdoppelt, der Fortschritt ist atemberaubend", führte der Schriftsteller und Arzt Jakob Hein den zahlreichen Gästen am Kreuzgang des Erfurter Domes die moderne Welt vor Augen, die aber trotz ihrer neuesten Erkenntnisse täglich vor ungelösten Problemen stehe. "Im Beruf als Arzt habe ich viele ungelöste Fragen", sagte der an der Berliner Charité arbeitende Kinderpsychiater, und nicht alle seien rational zu beantworten: Stichwort "Placebo".

Doch in einer aufgeklärten Gesellschaft dominiere die rationale Denkweise. Der Mensch wolle alles verstehen, "er strebt nach immer höheren Zielen" und quäle sich ständig mit der Frage nach dem "Warum", auch in der Medizin, so Hein. Dabei lägen manche Antworten "jenseits der Naturwissenschaften" und allein schon der Glaube, zum Beispiel an ein vermeintlich teures Medikament, könne Heilung bringen, sprach der Arzt aus eigener Erfahrung.

Aber die Medizin habe sich "zu weit von der Spiritualität entfernt", sie habe "die Placebowirkung unterschätzt und verschrien", meint Hein. Deshalb wolle er nicht nur Mediziner sein, der dem Patienten seine Diagnose stellt und dann Gesundheit erwartet, sondern vielmehr Arzt, der den Patienten als Menschen wahrnimmt, denn "jeder Mensch hat Spiritualität". Die Religion wiederum dürfe sich auch in der aufgeklärten Gesellschaft nicht auf naturwissenschaftliches Terrain begeben, "sonst ist ihr Niedergang sicher", so der Schriftsteller. "Sie soll sich auf das Spirituelle konzentrieren, das ist ihre Stärke und ihre Chance." Die Religion erfülle "tief verwurzelte Bedürfnisse des Menschen", so der konfessionslose Vater zweier Kinder, der sich selbst als "nicht areligiös" bezeichnet.

Über so weitgehende Bekenntnisse des Referenten zeigte sich Benedikt Kranemann anschließend positiv überrascht. Der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, einer der Veranstalter der Kreuzganggespräche, sei auch insgesamt mit der diesjährigen Vortragsreihe "Zum Dialog von Kunst und Theologie" sehr zufrieden. "Es gab rege Diskussionen, es waren genügend Gäste da und wir hatten mit Kunst und Kirche ein neues Thema, das auch neue Leute zu uns führte".

Hubertus Staudacher vom Katholischen Forum im Land Thüringen, dem zweiten Veranstalter, war ebenfalls voll des Lobes über den Schriftsteller. Er sei auf Jakob Hein aufmerksam geworden, da er zwei Bücher von ihm gelesen ("Vielleicht ist es sogar schön" und "Herr Jensen steigt aus") und ihn darin als "Sinnsucher" wahrgenommen habe. Dies habe der Literat auch im Vortrag wieder deutlich unter Beweis gestellt. Auch im nächsten Mai werden wieder Kreuzganggespräche auf dem Erfurter Domberg stattfi nden, versicherten Kranemann und Staudacher. Die Frage nach dem Thema sei bislang aber noch eine der ungeklärten Fragen, auf die in den nächsten Tagen und Wochen eine ganz rationale Antwort gefunden werden soll.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 0 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 31.05.2007

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