"Die wollen uns mästen"
Einmal im Jahr führt die Caritas in Görlitz eine Seniorenfreizeit durch
Lisbeth Speyker bastelt gerade an einem Kalender. Ab und zu blinzelt sie in die Sonne, um ihre warmen Strahlen einzufangen. "Den Kalender verschenke ich nicht, den behalte ich für mich. Das ist eine schöne Erinnerung." Ganz gespannt ist sie auf das Mittagessen, das es wieder im St.-Wenzeslaus- Stift in Jauernick gibt. "Hier schmeckt das Essen phantastisch. Ich glaube, die wollen uns mästen", lautet das kurze, aber überzeugende Kompliment an die Küche des Hauses.
Garantiert nicht mehr alleine
Wie Lisbeth Speyker genossen unlängst 15 pflegebedürftige Menschen eine Seniorenfreizeit, die von der Caritas-Sozialstation angeboten wurde. Die jährlichen Tage der Erholung und der Gemeinschaft richten sich aber nicht nur an die Betreuten der Caritas, sondern auch an andere Senioren aus Görlitz und Umgebung.
Die Krankenschwester Rosemarie Idziaschek hat vor vier Jahren das Projekt mit aufgebaut und damit ihre eigenen Erfahrungen gemacht. "Ich habe vorher mit Familienfreizeiten organisiert, natürlich mit tagesfüllenden Programmen. Bei den Senioren haben wir gemerkt, dass dies gar nicht so nötig ist."
Denn die meisten wollen einfach nur mal raus, mit anderen Leuten zusammensein, Gemeinschaft erleben. "Die alten Menschen genießen es, für ein wenig länger ihre gewohnte Umgebung zu verlassen. Manche muss man auch schon zum Mitmachen motivieren", ergänzt Sozialarbeiterin Birgit Heidrich, die diesmal mit zum Betreuungsteam gehört. Damit die Senioren aktiv bleiben, haben die Betreuer dennoch für jeden Tag ein kleines Programm aufgestellt -das niemanden überfordert, bei dem man aber auch nicht mitmachen muss. Gemeinschaftsabende runden den Tag meistens ab. "Gestern haben wir viel gesungen", erzählt Frau Speyker begeistert. Auf dem Programm steht aber immer auch ein kleiner Ausflug: In diesem Jahr ging es zum Kaffeetrinken ins Caritasheim nach Mengelsdorf.
Einer hilft dem anderen
Die meisten der Teilnehmer an der Seniorenfreizeit leben schon seit einigen Jahren allein, der Partner oder die Partnerin ist gestorben. Für Rosemarie Idziaschek und Birgit Heidrich ist es deshalb auch besonders interessant, wie sich die "Gruppendynamik" entwickelt. "Zuerst ist jeder ein bisschen für sich, so wie sie es gewohnt sind", hat Frau Heidrich beobachtet. "Nach einer Weile helfen sie sich, gießen sich zum Beispiel gegenseitig Getränke ein. Das ist schon schön." Lisbeth Speyker will im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederkommen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 14.06.2007